M, D oder Q?

Gestern habe ich auf den Schulbuchrezensionen auf edumeres gestöbert. Dabei bin ich über eine Kritik gestolpert, die ich so auch schon in Fachkonferenzen gehört habe: Das betreffende Schulbuch wurde Quellen und Darstellungen „undifferenziert“ als „Materialien“ darbieten. Dabei sei es aber eigentlich wichtig, dass Schülerinnen und Schüler auch schon in der Sekundarstufe I diesen grundlegenden Unterschied begreifen und erlernen.

Ist das nun wirklich ein Fehler, dass viele Schulbücher „M“ statt „D“ und „Q“ schreiben? Eigentlich ist doch der Zugang zu Texten und Bildern stark abhängig von der Fragestellung. Die Zuordnung als Quelle oder Darstellung ist in vielen Fällen alles andere als eindeutig. Und selbst, wenn man sich für die Eindeutigkeit einer entsprechenden Kennzeichnung entscheidet: „Lernen“ Schülerinnen und Schüler diese Unterscheidung selbst vorzunehmen?

Das scheint mir viel eher gegeben, wenn ich das, ohne dass es durch das Buch markiert und vorgegeben ist, im Unterricht thematisieren, diskutieren und begründen lassen kann, ob es sich bei dem vorliegenden Material um eine Quelle oder eine Darstellung handelt. Das ist sicher nicht in jeder Stunde notwendig, aber wenn man dies an verschiedenen Materialien im Lauf des Schuljahrs immer wieder diskutiert, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass hierfür ein tiefergehendes Verständnis wächst. Nur das Lesen einer vorgegebenen Einordnung wird das nicht leisten.

Insofern könnte man im Sinne der Arbeit mit dem Schulbuch eher davon sprechen, dass die Kennzeichnung aller Materialien mit einem „M“ positiv zu bewerten ist. Offen bleibt allerdings noch die Frage nach den Verfassertexten: Das sind von den Schulbuchautoren verfasste Darstellungen. Eigentlich sollten sie im Unterricht auch methodisch als solche behandelt werden. Arbeitsanregungen für einen derartigen Umgang mit den Verfassertexten fehlen – soweit ich das sehe – noch in den aktuellen Schulgeschichtsbüchern. Man findet sie aber z.B. im Buch Schulbucharbeit von Bernd Schönemann und Holger Thünemann.

6 Gedanken zu „M, D oder Q?

  1. genau. und mal ganz abgesehen davon, dass sogenannten Darstellungen ja auch Quellen sind, bloß Quellen 2. Ordnung, d.h. keine zeitgenössischen. ich könnte mir beinahe vorstellen, dass das beharren auf der markierung der unterscheidung damit zu tun hat, dass die beharrer und beharrerinnen glauben, darstellungen seien „objektiv“.

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  2. Beharrer klingt so nach alten, unverbesserlichen Lehrkräften. Interessanter- (oder erscreckender-) weise war die Rezension von einer Studentin verfasst. Ich vermute, es hat auch sehr viel damit zu tun, ob man das Schulbuch tatsächlich als Arbeitsmittel begreift oder eher als eine Art Nachschlagewerk, wo (theoretisch für jeden verständlich, de facto natürlich bei weitem nicht) alles schon „richtig“ drin steht.

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    • Genau. vom Mythos der Buchgesellschaft „Was du schwarz auf weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen“ zu den Visionen des digitalen Zeitalters „in allem Wissen ist der Wissende enthalten“ ist ein weiter Weg.

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  3. Ich sehe Q und D oder M nicht als Alternative an. In den ersten beiden Jahren sollte man m.E. durchaus noch nach Q und D unterscheiden, um Fragen der Schüler zu provozieren.
    Danach wäre sicher M vorzuziehen.

    Aber selbst dann sollte das Buch ruhig auch Fragen nach der Einordnung eines Textes als Quelle oder Darstellung stellen so wie Fragen zur Einordnung des Verfassertextes.
    Man braucht nicht anzunehmen, dass jeder Lehrer die methodisch günstigsten Beispiele für die Behandlung solcher Fragen von selbst herausfindet.

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  4. Wenn die betreffenden Bücher auf ihren Methodenseiten den Umgang mit den von ihnen unter „M“ oder sonstwie angebotenen Textsorten erläutern würden, wäre es wunderbar, solche Diskussionen führen zu können – hier hätte man auch gleichzeitig einen kleinen methodischen Hinweis für die liebe Kollegen. UK

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