Zeitleisten gehören zu den ältesten Visualisierungsformen von Geschichte und Geschichtsunterricht. Zur Geschichte der Zeitleisten im Geschichtsunterricht und zur fachdidaktischen Diskussion gibt es auf den Seiten der Geschichtsdidaktik an der Uni Giessen einige interessante Hinweise. Auch digitale Zeitleisten sind nichts Neues mehr. In mehreren Beiträgen wurden bereits vor allem englisch- und französischsprachige Werkzeuge (siehe auch den Überblick im Blog von Christoph Pallaske sowie die Liste im Geo&Ges-Wiki) zur Erstellung digitaler Zeitleisten vorgestellt sowie auf die Möglichkeiten der Zeitleistengestaltung mit Office-Programmen und dem Interaktiven Whiteboard hingewiesen.
Die GeschichtsApp „App in die Geschichte“ stellt eine eigene Zeitleistenfunktion zur Verfügung. Da die Benutzeroberfläche vollständig auf Deutsch verfügbar ist, kann die Anwendung auch in jüngeren Klassen eingesetzt werden. Ist eine Zeitleiste einmal von einem Nutzer angelegt – das kann auch die Lehrkraft sein -, kann er weitere Nutzer einer Lerngruppe zum gemeinsamen Arbeiten an derselben Zeitleiste einladen. Dazu müssen nur die Nutzernamen bei der neu angelegten Zeitleiste eingetragen werden. Damit können alle eingeladenen Nutzer gleichzeitig und mit gleichen Rechten die Zeitleiste bearbeiten und verändern. Das ermöglicht die gemeinsame Arbeit mit der gesamten Klasse, in Partnerarbeit oder Kleingruppen.
Im Unterricht kann auf vielfältige Weise mit digitalen Zeitleisten gearbeitet werden, z.B.:
1) Die Zeitleiste wird über einen längeren Zeitraum im Unterricht als Ergebnissicherung eingesetzt. Jeweils andere Schüler notieren im Anschluss an eine Unterrichtsstunde relevante Daten aus dem Unterricht zur dauerhaften Sicherung für die ganze Klasse auf der Zeitleiste. So entsteht über Wochen und Monate hinweg eine begleitendes Produkt zum Unterricht, das immer wieder angeschaut wird und so wichtige Ereignisse und Zusammenhänge über einen längeren Zeitraum erinnern hilft.
2) Eine eigene Zeitleiste, die dann für die ganze Klasse freigegeben wird, kann auch ein Referat stützen, – je nach Thema – sowohl als Alternative zu PowerPoint oder Prezi als auch als Ergänzung eines Thesenpapiers. Ebenso nutzbar ist eine kollaborative Zeitleiste innerhalb einer Referatsreihe. Alle Vortragenden ergänzen dann jeweils 1, 2 oder 3 Daten aus ihrem Beitrag in der Zeitleiste, die so zu einem gemeinsamen Produkt der Lerngruppe wird und zentrale Inhalte alle Vorträge noch einmal zusammenfasst und langfristig sichert.
3) Das gleiche Vorgehen bietet sich zum Ende einer Unterrichtsreihe an. Die Schülerinnen und Schüler sollen zu einem Thema noch einmal eine vorgebene Anzahl von Daten in einer Zeitleiste festhalten. Dabei ist eine Auswahl zu treffen und die Relevanz der Ereignisse für die Aufnahme in die Zeitleiste zu diskutieren (siehe auch hier).
4) Längere Verfassertexte, die eine Abfolge von Ereignissen mit Jahreszahlen oder Tagesdaten enthalten, besonders auch dann, wenn die Erzählung nicht chronologisch erfolgt, können auf diese Weise erschlossen und strukturiert werden. Die Ergebnissicherung erfolgt über die Präsentation der Zeitleiste einer Gruppe am Whiteboard oder Beamer, die durch die Mitschüler ggf. ergänzt und korrigiert wird. Es ist möglich, dass eine beispielhafte Zeitleiste anschließend für alle Lernenden als „Musterlösung“ zur Verfügung gestellt wird.
5) Zur Vorbereitung und Begleitung von Projektarbeiten kann die Zeitleiste gleichfalls zur Sammlung und Strukturierung in der Recherchephase eingesetzt werden. Anders als im Heft erscheinen dann die Notizen in chronologischer Folge und bieten damit zugleich eine übersichtliche Ordnungsstruktur, wenn aus verschiedenen Büchern und Internetseiten recherchiert wird.
Die Zeitleistenfunktion der GeschichtsApp ermöglicht reine Texteinträge, das Hochladen von Bildern aus dem App-Archiv oder über „Weitere Dokumente hinzufügen: Aus meinen Dateien“ -> „Neues Dokument hochladen“ das Einfügen von externen Bildern sowie das Einbetten von verschiedener Dateiarten (z.B. Soundcloud, Youtube oder auch LearningApps).
Um den Mehrwert digitaler Zeitleiste neben den kollaborativen Möglichkeiten auszuschöpfen, ist es sinnvoll, nicht nur Texteingaben, sondern auch multimediale Elemente einzufügen. Vermutlich prägen sich einzelne Ereignisse oder Personen mit einem dazugehörigen Bild auch besser ein als ohne. Für Schülerinnen und Schüler ist es eine Herausforderung, passende Bilder zu recherchieren. Viele probieren dies direkt über die Google Bildersuche und stoßen dabei nicht selten auf Bilder, die zwar gut aussehen, aber nichts mit ihrem Eintrag zu tun haben, ohne dass sie immer in der Lage wären, dies selbst beurteilen zu können.
Daher ist es hilfreich, die Lernende auf die Wikipedia und das dahinter liegende Mediendatenbank der Wikimedia Commons hinzuweisen. Um Bilder zum eigenen Beitrag zu finden, ist ein möglicher und guter Weg zunächst den Eintrag der Wikipedia durchzusehen und falls sich dort kein brauchbares Bild findet, unten am Ende des Artikel den Link zu den Commons zu nutzen. Vorteil dieses Vorgehens besonders für jüngere Schülerinnen und Schüler ist es, dass die Bilder einem Thema zugeordnet, vorausgewählt und mit zusätzlichen Informationen versehen sind. Außerdem ist die Qualität in der Regel gut, auf jeden Fall immer ausreichend für die Nutzung in einer Zeitleiste. Die Verwendung der Wikimedia Commons kann zugleich Anlass sein, zu zeigen, wo sich die Hinweise auf die Nutzungsbedindungen befinden und welche Lizensierungen (PD/CC) zu unterscheiden sind.
Von der GeschichtsApp werden automatisch drei Darstellungsvarianten generiert. Die „kompakte Ansicht“ bietet eine Übersicht und zeigt alle Eintragungen auf einen Blick. Das geht allerdings zulasten eine linearen Darstellung im Sinne eines Zeitstrahls (in Leserichtung von links nach rechts). Die kompakte Ansicht macht auf dem Bildschirm eine schlangenartige Darstellungsform nötig, wie sie auch z.B. für den niederländischen Geschichtskanon von entoen.nu gewählt wurde.
Bei der klassischen Zeitleistenanzeige steht jeweils ein Eintrag im Mittelpunkt. Der vorhergehende und anschließende Eintrag werden an den Pfeilen links und rechts bereit mit Datum und Titel angezeigt. Es kann vor- und zurückgeklickt werden.Unten findet sich eine Übersicht mit allein Einträgen der Zeitleiste, die auch direkt angeklickt werden können. Nutzt man die GeschichtsApp auf einem Smartphone erscheint nur der jeweilige Eintrag. Vor und zurück bewegt man sich mit einem Fingerwisch über den Bildschirm. Dies kann – ähnlich wie Vokabelkärtchen – zum Lernen von Jahreszahlen und Ereignissen zur Vorbereitung auf Tests oder Klausuren genutzt werden.
Schließlich gibt es auch noch die Darstellung als Karte. Dabei steht nicht die Chronologie im Vordergrund, sondern die geographische Verortung. Sofern die Bilder nicht mit Geodaten versehen sind, ist die Verortung auf der Karte beim Hochladen der Dokumente selbst vorzunehmen. Beim obigen Beispiel zur Geschichte des Denkmals am Deutschen Eck scheint diese Darstellungsform wenig sinnvoll. Bei anderen Themen hingegen bietet sie einen weiteren Zugang. So, wie im unten stehenden Beispiel zur antiken Geschichte. Die Zeitleiste ist noch nicht vollständig und entsteht gerade parallel zur Unterrichtsreihe. Wichtig ist der Hinweis, dass die zugrundliegende Karte bei Google Maps heutige Grenzen, Städte- und Ländernamen anzeigt, die von den historischen stark abweichen. Dennnoch hilft die Verortung der Eintragungen auf einer Karte bei der Orientierung im Raum.