Schülerrezensionen von Geschichtsspielen

peer-review-icon-2888794_1280Zum Abschluss des Projekts „Der Erste Weltkrieg in Spiel und Realität“ haben die teilnehmenden Schüler Rezensionen zu den fünf analysierten analogen und digitalen Spielen verfasst. Die Rezensionen sollten unter dem Fokus stehen, ob das jeweilige Spiel sich für den Einsatz im Geschichtsunterricht eignet oder nicht. Die fünf Rezensionen finden sich hier zum Download – je nach Wunsch der Schüler – mit oder ohne Namensangaben der Verfasser:

Rezensionen zu Geschichtsspielen zu schreiben ist auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, eine vertiefte Auseinandersetzung anzuregen. Rezensionen sind zudem auch eine lebensweltnahe Form der „Ergebnissicherung“. Denkbar sind, anders als wir das im Projekt gemacht haben, auch Video-Rezensionen. Fächerübergreifendes Arbeiten mit Deutsch ist möglich, aber nicht zwingend.

checklist-41335_1280Die Texte zeigen aber, wie schwierig es auch für ältere Schüler ist, eine Rezension zu verfassen. Daraus entstand im Nachgang des Projekts für den regulären Fachunterricht eine Vorlage bzw. ein Raster für Rezensionen zu Geschichtsspielen zu erstellen, das den Schülern einen Leitfaden für die Spielanalyse und zum Schreiben zur Verfügung stellt und nach mehrfacher Übung natürlich auch weggelassen werden kann. Die Vorlage orientiert sich an gängigen Modellen zum Schreiben für Rezensionen von Büchern, ist aber für  Spiele und speziell mit Fragen zur Darstellung von Geschichte im Spiel entsprechend angepasst. Ausprobiert haben wir den Bogen im Unterricht noch nicht, stellen ihn hier aber als Entwurf schon einmal zum Download zur Verfügung und damit auch zur Diskussion. Feedback mit Vorschlägen zur Verbesserung und Präzisierung ist sehr willkommen:

Vorlage: „Geschichtsspiel rezensieren“

Download als PDF-Dokument oder als Word-Doc

Tagesexkursion nach Verdun

Im Rahmen des Projekts haben wir eine Tagesexkursion nach Verdun unternommen. Das erste und letzte Mal, dass ich in Verdun war, lag nun schon über 10 Jahre zurück. Damals haben wir uns mit dem Bus von Ort zu Ort fahren lassen und sind jeweils für eine kurze Besichtigung ausgestiegen. Trotz mitgeführter Karte ist bei mir damals kein richtiges Bild der Entfernungen und der Lage der einzelnen Orte zueinander entstanden. Zudem fehlte mir die Erfahrung der Landschaft, die nur am Fenster des Busses vorbeizoge und in der die Bombenkrater und Laufwege noch zu erkennen waren. Um diese zu erkunden, hatten wir aber nicht ausreichend Zeit eingeplant.

Daher war dieses Mal die Idee, weniger Orte zu besichtigen und stattdessen die Landschaft des ehemaligen Schlachtfelds wandernd zu entdecken. Auf der Suche nach einer geeigneten Route, die in einem Tag gut machbar ist und die Besichtigung möglichst unterschiedlicher Aspekte und Orte ermöglicht, habe ich folgenden Rundwanderweg entdeckt (die Beschreibung ist allerdings nur auf Französisch verfügbar).

Anders als auf der französischen Seite vorgeschlagen würde ich empfehlen nicht den kompletten Rundwanderweg zu laufen, sondern am Mémorial zu starten und die Gruppe dann mit dem Bus am Fort Douaumont abholen zu lassen. Insgesamt dauert der Weg in dieser Form mit Besichtigungen und einer längeren Mittagspause ca. 6-7 Stunden.

Die vorgeschlagene Wanderung startet am Mémorial de Verdun, das 2016 zum 100. Jahrestag der Beginn der Schlacht von Verdun nach grundlegender Überarbeitung neu eröffnet wurde und einen guten Einstieg in den Tag bietet. Busparkplätze sind vorhanden.

IMG_20180529_114047.jpgVon dort geht es zum zerstörten Dorf Fleury-Devant-Douaumont. Von den Häusern ist nichts mehr zu sehen, die Informationstafeln geben – auch auf Deutsch – einen guten Überblick. Vor Ort gibt es zwei Denkmäler, eine Erinnerungskapelle sowie den Friedhof. Es kann sich lohnen, hier wie auch sonst auf der Route in entsprechender Größe ausgedruckt oder digital auf den Geräten der Schülerinnen und Schüler alte Fotos, wie man sie z.B. in den Wikimedia Commons findet, mitzunehmen und vor Ort mit der aktuellen Ansicht zu vergleichen.

Von dort geht es in einem langen Bogen zum Ossuaire von Douaumont (zur Entstehung siehe auch hier). Der Eintritt ist kostenfrei, nur für die Besteigung des 46 Meter hohen Turms ist eine Gebühr zu entrichten. In dem Knochenhaus sind die Gebeine von über 130.000 vor allem französischen Soldaten beigesetzt, seit 2016 auch von deutschen Soldaten, in der Eingangshalle wurde an der Decke eine Inschrift ergänzt, die darauf hinweist.

Gegenüber des Eingangs vor dem Friedhof befindet sich eine deutsch-französische Gedenkplatte zur Erinnerung an das Treffen von Kohl und Mitterand 1984. Das bei diesem Anlass entstandene ikonische Bild, das die beiden Hand in Hand zeigt, hat Eingang in fast jedes Geschichtsbuch gefunden. Vor Ort ist das Foto nicht zu sehen, es kann also hilfreich sein, dieses mitzunehmen. Zur Geschichte hinter dem Foto siehe auch diesen älteren Beitrag hier im Blog.

Der Friedhof vor dem Ossuaire umfasst über 16.000 Gräber, darunter auch ein Bereich mit Gräbern muslimischer Soldaten der französischen Armee. Neu hinzugefügt wurden an den Seiten (1996) ein Denkmal für die jüdischen Soldaten sowie (2006) ein Denkmal für die muslimischen Soldaten auf der gegenüberliegenden Seite des Friedhofs. Hier lässt sich zum einen das auch für die deutsche Geschichte wichtige Selbstverständnis der Deutschen und Franzosen (jüdischen Glaubens) statt „Franzosen/Deutsche und Juden“ ansprechen und die Bedeutung der französischen Kolonialtruppen sowie ggf. der Umgang der Deutschen mit ihnen, insbesondere auch den muslimischen Kriegsgefangenen.

Rund um das Ossuaire mit den oben genannten Stationen lässt sich sehr gut die Veränderung der Erinnerungskultur in Verdun in ersten 100 Jahren nach der Schlacht aufzeigen (explizite Einbeziehung einzelner Gruppen in das Gedenken, deutsch-französische Aussöhnung usw.).

Oberhalb des Ossuaire befindet sich ein kleines Restaurant, L’abri des pèlerins, das (überteuert) bei schlechtem Wetter eine Möglichkeit zum Einkehren und Aufwärmen bietet. Wer mit einer größeren Gruppe unterwegs ist, sollte vorab allerdings anrufen und reservieren.

Von dort lohnt sich ein kurzer Abstecher zum Bajonettgraben, danach geht es wieder zurück an der Landstraße entlang eventuell mit kurzen Abstechern zu den Ruinen eines kleinen Schutzbunkers und einem in Teilen rekonstruierten Laufgraben vorbei zum Fort Douaumont.

Im Fort Douaumont (Infos und Bilder in der Wikipedia) kann man selbstständig einen Rundgang machen – entgegen der Pfeilausschilderung. An der Kasse erhält man ein abgegriffenes Din A4-Blatt mit 8 Stationen, zu denen jeweils auf Deutsch kurze Informationen gegeben werden. Alternativ ist auch die Buchung einer Führung möglich – und, wenn man sich selbst nicht sehr gut auskennt, auch sinnvoll.

Vorbereitend eignet sich übrigens der Texte über „soldatischen Kriegserfahrungen“ von Bernd Ulrich bei der BpB gut, gerade in Abgrenzung und Differenzierung der Bilder vom Frontgeschehen, die in Spielen wie „Battlefield One“ und „Verdun“ vermittelt werden. Wir hatten den Text den Schülern in gekürzter Form (Download als Doc) als vorbereitende Lektüre für die Exkursion in Kopie ausgeteilt.

Für die Schüler war übrigens die (selbst organisierte) Besichtigung im Fort Douaumont der Höhepunkt der Wanderung, da hier die (schlechten) Alltagsbedingungen der Soldaten im Krieg deutlich vor Augen geführt wurden. Wer mehr Zeit für Verdun und Umgebung hat, dem bieten sich rund um Douaumont noch zahlreiche Besichtigungsmöglichkeiten sowie natürlich ein Besuch der Stadt und Zitadelle in Verdun selbst an.

Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in Deutschland und Frankreich – Teil 6: Von den 1970er Jahren bis 2009

Europawahlplakat der CDU 1989. Quelle: KAS/ACDP 10-030 : 226. CC-BY-SA 3.0 DE.

Europawahlplakat der CDU 1989. Quelle: KAS/ACDP 10-030 : 226. CC-BY-SA 3.0 DE. Das zitierte Plakat des PS stammt aus demselben Wahlkampf und ist nur ein paar Tage älter. Informationen dazu finden sich hier: http://bit.ly/1l3GIlE

In den 1970er und 1980er Jahre ließ das Interesse am Ersten Weltkrieg in Deutschland wie in Frankreich zunächst nach. Allerdings entfaltete speziell Verdun eine ungeheure Symbolkraft im Prozess der deutsch-französischen Aussöhnung. Andere Orte, wie z.B. Reims, wurden zurückgedrängt, Verdun als Symbol herausgegriffen und ist im kollektiven Gedächtnis erhalten geblieben. Dazu beigetragen hat das vielen Schulgeschichtsbüchern abgedruckte und auch sonst vielfach reproduzierte Foto vom Zusammentreffen Kohls und Mitterands in Verdun am 22.9.1984.

Auffällig ist zunächst das Datum: Es handelt sich um keinen symbolträchtigen Tag, weder Jubiläum noch Jahrestag. Vielmehr steckte hinter Wahl von Ort und Geste für ein solches Foto ein politisches Kalkül und taktisches Schachern um die symbolische Politik. Helmut Kohl hatte auf Teilnahme zu den Feierlichkeiten in Erinnerung an den D-Day gedrängt, der sich am 6. Juni 1984 zum 40. Mal jährte. Dieses wurden wiederum von französischer Seite abgelehnt und Verdun als Ort eines Treffens eigentlich nur als „Ersatz“ bzw. Kompromiss angeboten.

Die fotografische festgehaltene Geste des Händereichens war eingebettet in straffes Programm ritualisierten Gedenkens von Kranzniederlegungen, Schweigeminute, Nationalhymnen und Baumpflanzen. Während das Foto zur Ikone geworden ist und in vielen Geschichtsbüchern zur symbolischen Illustration der deutsch-französischen Freundschaft und Versöhnung verwendet wird, gab es 1984 von den Zeitgenossen neben viel Anerkennung (siehe z..B. in Spiegel und Zeit) zum Teil deutliche Kritik an dem durchschaubaren Kuhhandel mit Symbolik, an der geplanten und demonstrativen “Ergriffenheit”, die als nicht spontan und damit als nicht authentisch, sondern als reine Inszenierung kritisiert wurde.

Die Kritik scheint heute vergessen und verstummt: die symbolträchtige Inszenierung ist den beiden Staatsmännern gelungen, ohne dass sich abschließend feststellen ließe, ob das Ergreifen der Hand verabredet oder spontan war. Zum 25. Jahrestag 2009 wurde medial vielfach an das Ereignis erinnert (z.B. FAZ, WDR, AA/Ministère des Affaires Etrangères) und in Douaumont findet sich eine entsprechende Gedenkplatte.

Für die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg folgen nun Jahre, die geprägt waren, vom allmählichen Aussterben der Augenzeugengeneration. Erst mit dem parallel verlaufenden Übergang vom kommunikativen ins kulturelle Gedächtnis in den 1990er Jahren entstand wieder ein erneutes Interesse von Wissenschaft und Medien, in deren Rahmen z.B. auch die Einrichtung des Historial in Péronne fällt.

Es folgte ein erster Weltkriegs-„Boom“ rund um den 90. Jahrestag des Kriegsbeginns 2004 mit neuen Formen der Medialisierung und zahlreichen Zeugnissen der populären Erinnerungskultur: Romane, Fernsehserien, Comics, , Computerspiele, TV- und Kino-Filme. Als Beispiele für letzteres seien „Mathilde, eine große Liebe/Un long dimanche de fiançailles“ von 2004 (u.a. mit Audrey Tautou) und „Merry Christmas/Joyeux Noel“ von 2005 (u.a. mit Daniel Brühl) genannt.

In Frankreich starb mit Lazare Ponticelli der letzte poilu 2008 im Alter von 110 Jahren gestorben. Auf Anregung des damaligen Staatspräsidenten Jacques Chirac gab es für den letzten Helden des großen Krieges ein Staatsbegräbnis (Foto). In Deutschland starb der letzte Frontsoldat, Erich Kästner im Alter von 107 Jahren, gleichfalls 2008, ein paar Wochen früher, weitgehend unbemerkt (Todesanzeige).