Back to school

Rheinland-Pfalz ist seit gestern zurück in der Schule. Die Ferien über habe ich im Blog nichts geschrieben, aber mangels Sommer trotzdem viel vor dem Computer gesessen. Für alle die, nicht auf Twitter oder neuerdings auf Google Plus sind, folgt hier eine kleine Zusammenfassung der Fundstücke der letzten Wochen. Vielleicht ist für den ein oder die andere etwas Interessantes oder Hilfreiches dabei.

Viele werden es kennen, ich kannte es noch nicht. Ein Disney-Propagandavideo von 1942 „The Fuehrer’s Face“, ursprünglich geplanter Titel „Donald Duck in Nutzi Land“. Der Film wurde 1942 mit dem Oscar für den besten Animationsfilm ausgezeichnet:

Das Video ist auch für den Einsatz im Unterricht interessant als alternativer Einstieg ins Thema Nationalsozialismus, Fremdwahrnehmung Deutschlands und (alliierte) Propaganda. Recht umfangreiche einführende Informationen bietet der Wikipedia-Artikel, wobei es interessant ist, sowohl den deutschen als auch den englischen zu lesen und miteinander zu vergleichen.

Am 13. August 2011 jährt sich der Berliner Mauerbau zum 50. Mal. Der Jahrestag wird zu einem regelrechten Medienereignis hochgepuscht, so dass man weder im Printbereich, noch im Radio oder Fernsehen den Sonderbeiträgen entgehen kann. Auch viele Schulen werden den Jahrestag zum Anlass nehmen für die Organisation von kleinen Sonderausstellungen oder Zeitzeugengesprächen.

Wer das Thema im Unterricht aufgreifen möchte, der findet eine kleine Linksammlung zu Materialien auf meiner Fachberaterseite zusammengestellt. Auf drei Projekte möchte ich hier auch noch getrennt hinweisen: auf die kostenlose App für das iPhone zur Berliner Mauer, die im Auftrag von BpB in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Zeithistorische Forschung sowie dem Deutschlandradio erstellt wurde; auf den Twitter- und Facebookauftritt des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Auf Twitter werden noch bis zum 13.09. täglich kurze Nachrichten „eine Zeitreise vom 13.07. bis 13.09.’61 basierend auf Berichten der Staatssicherheit aus dem Archiv des BStU ergänzt durch andere Quellen“ bieten. Auf Facebook sammelt und verlinkt die Stasi-Unterlagen-Behörde aktuelle Presseberichte rund um das Thema Mauerbau und Stasi. Beide Angebote können auch ohne eigene Anmeldung auf Twitter oder Facebook genutzt werden.

Zum Thema Fotomanipulation in der Geschichte habe ich in den Ferien eine hervorragende englischsprachige Seite entdeckt. Die Seite Fourandsix. Photo Tampering Throughout History präsentiert veränderte Fotos von 1860 bis heute in mit kurzen Erklärungen. Ein tolle Fundgrube für das Thema im Unterricht und eine wichtige Linkergänzung zur auf lehrer-online veröffentlichten Unterrichtseinheit.

Weitere Fundstücke aus den Ferien folgen….

Auswanderung und Assimilation?

Zunächst wussten sie wenig von dem fernen Land. Einige wurden gezielt zur Ansiedlung in bestimmten Städten und Regionen angeworben. Mittlerweile leben sie dort schon seit Generationen, geben aber dennoch ihre Sprache nicht auf, sondern von Generation zu Generation weiter. Das ist gut möglich, weil sie eigene Gemeinschaften bilden, ihre eigenen Geschäfte haben und auch eigene Sport-, Musik- und Geselligkeitsvereine. Entsprechend haben sie auch eine eigene Presselandschaft, die über die Ereignisse in ihren Herkunftsregionen berichtet und das politische  Meinungsspektrum abdeckt. Sie haben ihre Heimat verlassen aus wirtschaftlichen Gründen, weil sie sich in der Fremde ein besseres Leben erhofften, oder aus politischen Gründen, weil sie in der Heimat wegen ihrer politischen Ansichten überwacht, zensiert oder sogar inhaftiert wurden.

Es sind vor allem Handwerker, Kleinbauern und Arbeiter aus armen, ländlichen Gebieten, die auswandern. Studierte Rechtsanwälte, Ärzte oder Lehrer sind nur wenige dabei. Kaum jemand beherrscht bei Ankunft die Landessprache. Oft gehen einige Wagemutige vor, andere, vor allem Familienmitglieder, Freunde und Nachbarn kommen später nach und siedeln in der Nähe. So entstehen nach und nach kleine Stadtviertel, die nach ihrem Herkunftsland benannt sind: little Germanies.

Die Rede ist offensichtlich nicht von z.B. der türkischen Migration der letzten Jahrzehnte nach Deutschland, sondern von der Geschichte der deutschen Auswanderung, hier exemplarisch insbesondere der in die USA im 19. Jahrhundert. Aufmerksam geworden auf die offenkundigen Ähnlichkeiten bin ich durch einen Vortrag von Roland Paul vom Institut für pfälzische Geschichte auf dem Tag des Geschichtsunterricht an der Universität Saarbrücken.

Nicht nur angesichts der aktuellen Debatten um die Aussagen von Friedrich, Erdogan und zuletzt Seehofer scheint mir dies ein Thema zu sein, das im Geschichtsunterricht aufgegriffen und besprochen werden sollte, weil es die Schülerinnen und Schüler zur (aus historischer Sicht kompetenten) Teilnahme an der gesellschaftlichen Debatte befähigt. Geschichte als politisches Argument ist immer problematisch. Besonders an den Äußerungen des neuen Innenminister ist zu sehen, wie wichtig es ist, Migration nicht als Sonder-, sondern als Normalfall zu begreifen. Es gilt ggf. vorhandene naive Vorstellungen einer statischen Gesellschaft durch dynamische Konzepte zu ersetzen.

Viele Gegenden des späteren Deutschlands, wie z.B. die Pfalz, waren im 19. Jahrhundert vor allem Auswanderer-Regionen. Das Festhalten an den regionalen Traditionen (Kirmesfeiern, Karnevalsgesellschaften) und der eigenen Sprache durch die deutschsprachigen Auswanderer wird in der Literatur interessiert betrachtet und durchaus positiv gewertet (i.S. von „Es ist ihnen gelungen, ihre Sprache zu bewahren“ statt „Sie waren unfähig/unwillig, sich zu integrieren“). Die Vergleichbarkeit liegt auf der Hand, wird von den Familien- und Volkskundlern in der Regel nicht geleistet.

Spannend ist die sehr unterschiedliche Bewertung der beiden Phänomene (positiv das vermeintlich Eigene, negativ das Neue, Andere). Von der durch den Vergleich hervorgerufenen kognitiven Dissonanz, die auch bei den Schülern zu erwarten ist, sowie den Erfahrungsgeschichten von Kindern mit Migrationshintergrund kann der Geschichtsunterricht profitieren.

Als Material eignen sich Auszüge aus deutschsprachigen Zeitungen, wie z.B. den von Conrad Voelcker herausgegebenen „Hessischen Blättern“ oder „Der Pfälzer in Amerika“. Ideal für den Unterricht sind die Werbeanzeigen für die Geschäfte und Volksfeste, da diese leicht zu lesen sind und zugleich den „Community“-Charakter offenbaren. Zu finden sind solche z.B. im Buch von Roland Paul und Karl Scherer, Pfälzer in Amerika – Palatines in America, Kaiserslautern 1995. Davon ausgehend kann das Thema je nach Altersstufe vertiefend behandelt, Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede herausgearbeitet werden.

Der historische Vergleich und die Wahrnehmung der Ähnlichkeiten könnten zu einer gelasseneren Haltung in der Integrationsdebatte beitragen. Wobei ein im Sinne der Integration positiver Ausgang entsprechend dem historischen  Vorbild natürlich keineswegs garaniert ist.  Es bedarf dazu gemeinsamer gesellschaftlicher Anstrengung aller Beteiligten.

Bedenkenswert in diesem Hinblick erscheint mir übrigens das Teilfazit der RLP-Ausstellung zur Auswanderung. Dort heißt es:  „Ethnisch geprägte Viertel, wie ‚Little Germany‘ in New York oder ‚Over the Rhine‘ in Cincinnati, deutsche Schulen, Zeitungen und Kirchengemeinden erleichterten den Immigranten zwar die Integration, zugleich wurden sie jedoch als ‚Zeichen mangelnder Anpassungsbereitschaft und als Rückzug in eine vermeintlich homogene ethnische Kultur verstanden. […] Um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert stellten deutsche Einwanderer und ihre Kinder zehn Prozent der US-Bevölkerung. Die meisten Immigranten waren schon seit Jahrzehnten im Land, und es gab kaum noch Zuzüge aus Deutschland, die dem ethnischen Gemeinschaftsleben hätte neue Impulse geben können. Die Heterogenität der Deutsch-amerikaner, ökonomische Integration und die fortgeschrittene Akkulturation führten insbesondere in städtischen Gebieten zum Verfall der Identität.“

Im übrigen sollte man nicht auf den Kurzschluss verfallen, dass es in den USA, die sich als Einwanderungsland verstanden, keine Konflikte gegeben habe. Vielmehr sind schon im 18. und 19. Jahrhundert zahlreiche Belege für die Artikulation von Vorurteilen und „Überfremdungsängsten“, ganz ähnlich zu denen von heute, zu finden.

Es gibt zudem einige Seiten im Internet zum Thema, die sich auch im Unterricht einsetzen lassen:

Auswanderung aus den Regionen des heutigen Rheinland-Pfalz

Heimat Pfalz – Auswanderung

Zeitung: Buffalo Volksfreund (digitalisiert ab 1891)

Archivaria – the history of Buffalo, New York (digitalisierte Quellen)

Goethe-Institut: German-american site in Chicago

Palatines to America

Deutsch-Pennsylvanischer Arbeitskreis

Falls jemand noch Links zu thematischen Materialien oder zu weiteren digitalisierten deutschen Zeitungen aus den USA hat, wäre ich für Hinweise dankbar und nehme diese gerne hier auf.

Photo @dougtone auf Flickr

Das Alte Reich als Vorbild für die Verfassung der USA?

Und zwar durch die Vermittlung des Reiseberichts von Montesquieu, so Jürgen Overhoff heute in einem Beitrag der Zeit Online:

„[…] als [Montesquieu] Deutschland im Herbst 1729 »sehr betrübt« verlässt, weil er sich dort wohlgefühlt hat, ist er davon überzeugt, dass das Reich, trotz aller Einwände im Grunde einen vorbildlichen Weg politischer Organisation gefunden hat: den Staatsaufbau auf zwei Ebenen. Bändigten die Deutschen Preußen und gewährten sie den Einwohnern der Fürstentümer ähnliche Freiheiten wie den Bürgern der Städte, sei ihr Staatswesen ein völlig neuartiges Musterbeispiel des föderativen, bündischen Organisationsprinzips. Das Potenzial dazu habe das Reich bereits, weshalb Montesquieu es im Esprit des Lois ausdrücklich als République fédérative d’Allemagne bezeichnet, ein Begriff, der sich mit »Bundesstaat« oder, etwas freier, mit »Bundesrepublik Deutschland« übersetzen lässt.

Mit der République fédérative prägt er eine neue Begrifflichkeit – von welthistorischer Tragweite. Nachdem sich nämlich die britischen Kolonien Nordamerikas 1776 vom Mutterland gelöst und sich zu den Vereinigten Staaten von Amerika zusammenschlossen haben, studiert der virginische Jurist und Politiker James Madison die Schriften des Barons de Montesquieu, den er als sein »Orakel« bezeichnet. Besonders interessieren ihn im Esprit des Lois die Passagen über Deutschland. Als er 1787 die bis heute bestehende US-Verfassung entwirft, die aus dem lockeren amerikanischen Staatenbund eine bundesstaatliche Union macht, lässt er sich auch von der Reichsverfassung inspirieren. Eine atemraubende Volte der Geschichte.“

Untertanen oder Bürger?

Laut Spiegel Online haben Mitarbeiter der Kongressbibliothek in Washington mit einer spektroskopischen Analyse im Konzeptpapier Jeffersons für die Unabhängigkeitserklärung entdeckt, dass dieser zunächst „subjects“ (Untertanen) geschrieben hatte und dies dann durch „citizens“ (Bürger) verbessert hatte. Der kurze Artikel kann zum Einstieg in das Thema aber auch zur Wiederholung dienen, indem die Schülerinnen und Schüler selbst erklären, wo der „große Unterschied“ in der Verwendung der beiden Begriffe liegt.

Der ausführliche Bericht auf den Seiten der Library of Congress findet sich hier.

Neues TwHistory Projekt

Startschuss für ein neues historisches Reenactment Projekt auf Twitter:

Nach der Schlacht von Gettysburg und der Kubakrise nehmen sich die amerikanischen Macher von TwHistory nun einem Pioniertrek der Mormonen an. 1847 zogen 147 Siedler, darunter drei Frauen und zwei Kinder, von Omaha, Nebraska, gen Westen über die Rocky Mountains. Aufgrund von Originalquellen, Briefen und Tagebüchern, wird der Zug der amerikanischen Siedler Tag für Tag rekonstruiert und auf Twitter zusammenfassend nachgestellt. Das Projekt beginnt heute, am 5. April und endet am 24. Juli mit der Ankunft am großen Salzsee, im Salt Lake Valley des heutigen Utah. Zu diesem Zeitpunkt gehörte das Gebiet noch zu Mexiko und wurde erst im Februar 1848  Teil der USA. Wer die Kurznachrichten aus der Vergangenheit lesen möchte, muss nur den entsprechenden Personen, aufgrund der Quellenlage ausgewählte Pioniere des Treks, auf Twitter folgen. Die Liste der Teilnehmer findet sich hier. Um diese und die Tweets zu sehen, ist allerdings eine vorangehende Anmeldung auf Twitter notwendig.

Pioneer cabin 1847, Oregon State University Archives.

Geschi bili1: Entwicklung der USA

10 Minuten Film über die territoriale Entwicklung der USA ausgehend von den 13 Gründungststaaten von 1789 bis 1959. Die Präsentation besteht aus einer animierten Karte mit gesprochenem Text und ist einsetzbar im bilingualen Geschichtsuntericht oder für Landeskunde im Englischunterricht.  Sie lässt sich komplett abspielen oder in drei Teilen: 1) 1789-1853, 2) bis 1865 und 3) bis 1959: animatedatlas: Growth of a nation

Riesenfundus an primary sources zur US-amerikanischen Geschichte:

http://www.footnote.com/