Welterbe-Erkundung mit digitalen Medien

Als wesentliche Ziele der World Heritage Education (WHE) benennt die UNESCO, dass Kinder und Jugendliche ermutigt werden sollen, sich für die Erhaltung des Welterbes einzusetzen, sowohl auf lokaler wie auf globaler Ebene. Dafür ist es notwendig, dass sie die Bedeutung der Welterbekonvention von 1972 kennen und ein besseres Verständnis für die gegenseitige Abhängigkeit und Verflechtung von Kulturen entwickeln. Es sollen zudem neue und effektive Lehr- und Lernmethoden und -materialien erarbeitet werden, um das Welterbe in die schulischen Lehrpläne der Mitgliederstaaten der UNESCO zu integrieren.

Die WHE hat immer einen globalen Bezugsrahmen, in dem das lokale und regionale WelterbeAnonymous-Flag-of-the-Unesco durch Bezüge zu den Auswahlkriterien und zu anderen (Welterbe-) Stätten eingebettet ist. Das heißt für die Unterrichtspraxis, dass eine Thematisierung des regionalen Welterbes immer die Möglichkeit, eigentlich die Notwendigkeit, beinhaltet, die eigene Region zu verlassen, um sie mit anderen zu vergleichen, um so die Besonderheiten herausarbeiten und die Einzigartigkeit der jeweiligen Welterbestätte erkennen zu können.

Zugleich fordert die UNESCO innovative Zugänge, die Kinder und Jugendliche an die Beschäftigung mit dem Welterbe und seinen Grundlagen heranführen. Während die UNESCO im Bereich ICT (Information and Communication Technology) in Education (http://www.unesco.org/new/en/unesco/themes/icts/) wegweisende neue Ansätze wie mobile learning, BYOD (Bring your own device)1 und OER (Open Educational Resources)2 aufgenommen und zum Teil wesentlich geprägt hat, scheint der Transfer dieser Konzepte in die WHE bislang kaum geleistet. Zwar gibt es zahlreiche digitale Informationsangebote wie Internetseiten3 und Apps mit Informationen zu einzelnen Welterbestätten wie auch zum gesamten Welterbe4, konzeptionelle Entwürfe für die Integration digitaler Medien in die pädagogische Praxis der WHE stehen bisher allerdings noch am Anfang5. Zuletzt hat der deutsche „Arbeitskreis World Heritage Education“ in Corvey 2013 eine Resolution verabschiedet, die mehr partizipative Methoden in der WHE sowie die stärkere Nutzung der Möglichkeiten von Online-Kommunikationsformen fordert.6

Im Folgenden geht es weniger allgemein um die Veränderungen des Lernens in einer digital durchdrungenen Lebenswelt, das grundsätzlich immer auch ohne die Nutzung digitaler Medien möglich ist und sich z. B. in der Forderung nach partizipativen Elementen in der Vermittlung der Resolution zeigt, sondern speziell um die Fokussierung auf Einsatzmöglichkeiten von digitalen Medien als Werkzeuge zum Lernen im und über das Welterbe7. Die beiden Präpositionen machen deutlich, dass es notwendig ist, zunächst die Räume des Lernens zu unterscheiden. Während man prinzipiell überall etwas über das Welterbe lernen kann und dies somit ortsungebunden ist, erfolgt das Lernen im Welterbe notwendigerweise vor Ort an den Welterbestätten. Für WHE mit digitalen Medien im schulischen Rahmen ergeben sich daher drei Lernorte:

  1. In der Schule und zu Hause

Es besteht die Möglichkeit, die Welterbe-Stätten mit digitalen Medien in den Klassenraum und in das eigene Zimmer zu holen. Videos, virtuelle Rundgänge, die Internetseiten der Welterbestätten können angesehen, gelesen, als Ausgangspunkte für die Entwicklung von Fragestellungen z. B. in Vorbereitung auf eine Exkursion oder zur Beantwortung von Unterrichtsfragen herangezogen und in der Schule Computer, Beamer und interaktive Whiteboards zur Präsentation von Arbeitsergebnissen genutzt werden.

  1. Im Welterbe

Welterbebildung verstanden als „Aktivitäten von Lernenden im Welterbe“ macht über die einfache Formulierung deutlich, dass es vor allem darum geht, dass Menschen das Welterbe vor Ort erkunden. Für Schülerinnen und Schüler bedeutet das, den Klassenraum zu verlassen und als Lerngruppe einen „außerschulischen Lernort“ aufzusuchen. Die Möglichkeiten, diesen zu entdecken, zu analysieren und die Ergebnisse zu dokumentieren, erweitern sich durch die Nutzung digitaler Endgeräte wie Smartphones oder Tablets. Diese bieten mit ihren Funktionen und Apps Schnittstellen der Medienkonvergenz und Lernwerkzeuge. Mobiles Lernen entkoppelt das Lernen von der Gebundenheit an räumliche Lernumgebungen wie Klassenzimmer, Bibliotheken, Museen oder Gedenkstätten und macht jeden Ort zu einem Lernort. Direkt im Welterbe werden Videos angeschaut, Podcasts angehört oder Texte gelesen. Über den Internetzugang der digitalen Geräte trägt jeder eine multimediale Mediathek mit sich. Die digitalen Endgeräte sind zugleich multifunktionale Werkzeuge, um u.a. die eigene Position zu bestimmen (GPS) oder Foto-, Audio- und Videoaufnahmen zu machen.

Dies ermöglicht auch vor Ort eine Individualisierung des Lernens im Welterbe, die ausgeht von den eigenen Fragen der einzelnen Lernenden und eine selbstständige lernende Auseinandersetzung mit der jeweiligen Welterbestätte vereinfacht. An die Stelle einer stark gelenkten Vermittlung mit erwarteten Ergebnissen treten sinnstiftende Ansätze entdeckenden und forschenden Lernens in Projektform.8

3. Im Internet

Social Media wie Facebook oder Twitter, aber auch E-Mails oder Blogs können genutzt werden, um Welterbe-Bildung global zu vernetzen9: Im Blick sollten dabei nicht nur die Welterbe-Manager, Dozenten, Pädagogen und Lehrkräfte stehen, sondern im Besonderen die Lernenden, und zwar nicht als Empfänger von Wissensvermittlung, sondern als Handelnde. Mitschüler, Lehrkräfte und Experten können kontaktiert und befragt, eigene Lernprodukte veröffentlicht und ausgetauscht, Fragen und Arbeitsergebnisse zusammengefasst und in öffentliche Debatten eingebracht werden.10

Auf schulischer Ebene besteht darüber hinaus die Möglichkeit zu internationaler Kooperation. So kann man mit einer oder mehreren Partnerschulen zusammenarbeiten, um Welterbestätten in der jeweiligen Region zu erkunden, ihre Merkmale herauszuarbeiten und international zu vergleichen. Hierbei lassen sowohl ähnliche, wie z. B. Burgenlandschaften, wie auch unterschiedliche, wie z. B. ein Kulturerbe mit einem Naturerbe, vergleichen. Die leitenden Fragen zur Untersuchung hängen von den beteiligten Schulen, Fächern, Lehrkräften und Lernenden ab. Genutzt werden können einzelne Kommunikations- und Dokumentationswerkzeuge wie E-Mails, Chat, Videokonferenz, Wiki, Blog, Fotogalerie oder Forum, die sich in Online-Lernplattformen, wie sie viele Schulen mit Moodle, lo-net2 oder eTwinning nutzen, auch gebündelt in einer geschlossenen Lernumgebung finden.

Eine zweite Unterscheidung lässt sich nach Art der Lernaktivitäten bzw. Kompetenzbereichen treffen. Im Lehrplan für den gesellschaftswissenschaftlichen Lernbereich (Erdkunde, Geschichte, Sozialkunde) der Sekundarstufe I in Rheinland-Pfalz werden die Operatoren als handlungsinitiierende Verben drei Kompetenzbereichen zugeordnet: Methodenkompetenz, Kommunikationskompetenz und Urteilskompetenz. Im Fach Gesellschaftslehre werden folgende Kompetenzen definiert: Wissen erwerben, mit Wissen handeln, (mit) Wissen bewerten/beurteilen/reflektieren.

Die Arbeit mit Medien spielt in Bezug auf letztere eine untergeordnete Rolle, weswegen sie an dieser Stelle vernachlässigt werden kann. Methoden- und Kommunikationskompetenz hingegen sind medial gebunden und abhängig von den verwendeten medialen Werkzeugen. Um das an einem Beispiel zu veranschaulichen: Eine Diskussion in Präsenz aller Teilnehmer verläuft anders und folgt anderen Regeln als eine Diskussion mit denselben Teilnehmern, die über einen Chat, ein Online-Forum oder als Videokonferenz geführt wird.

Die Lernaktivitäten innerhalb der Kompetenzbereiche können zudem nach ihrer Funktion im Lern- und Arbeitsprozess in Gruppen zusammengefasst und strukturiert werden. Im Sinne der Kompetenzorientierung des Unterrichts seien beispielhaft einige Operatoren für mögliche Aufgabenstellungen zum Lernen in dem und über das Welterbe genannt und mit digitalen Werkzeugen verknüpft, die für ihre Bearbeitung genutzt werden können (beispielhafte Operatorenliste als PDF).

Digitale Medien werden als Werkzeuge genutzt, um sich in das Welterbe zu begeben, sich in diesem zu orientieren, es zu erkunden, Aufgaben zu lösen und damit etwas über das Welterbe zu lernen. Ausgehend von den Prinzipien der Handlungs- und Produktorientierung bieten die Aufgaben einen hohen Grad von Aktivierung aller Lernenden mit der Chance, die Vermittlung des Welterbes durch eine selbstständige Erkundung zu ergänzen und dadurch das Interesse an der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand und die Lernmotivation zu erhöhen. Es geht dabei nicht um ein „Lost in cyberspace“, sondern um eine Nutzung digitaler Endgeräte zur Erschließung und Dokumentation der erlebten Natur- und Kulturlandschaft. Technik, eigenständiges Handeln und Produzieren, Spiel- und Rätsel-Elemente können dabei wichtige Brücken sein, um Kindern und Jugendliche alters- und zeitgemäße Zugänge zu Kenntnis, Bedeutung und Erhaltung des UNESCO-Welterbes zu ermöglichen.

1 Zu mobile learning und BYOD siehe: http://www.unesco.org/new/en/unesco/themes/icts/m4ed/

3 Siehe z. B. Seite: Welterbe Mittelrheintal-Kids on tour http://www.welterbe-mittelrheintal.de/index.php?id=382

4 Siehe z. B. die Internetseiten auf Englisch und Französisch: http://whc.unesco.org/en/ und World Heritage Education Program http://whc.unesco.org/en/wheducation/

5 Vgl. Hinrichs (2012).

8 Vgl. Rosa (2013).

9 Bereits bestehend siehe z. B. das Netzwerk von UNESCO-Projektschulen: UNESCO Associated Schools Project Network (ASPnet) https://en.unesco.org/aspnet/. Für die deutschen UPS-Schulen siehe: http://www.ups-schulen.de/index.php.

10 Zur Partizipation durch Medienhandeln im Social Web siehe den einführenden Beitrag auf pb21: http://pb21.de/2012/01/partizipation-im-und-mit-dem-social-web/.

Text ursprünglich veröffentlicht unter CC BY-NC-SA 3.0 in der Handreichung: UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal, http://bildung.welterbe-mittelrhein.de/fileadmin/user_upload/ZVM/Material/4_Didaktisch-methodische_Anmerkungen.pdf

Welterbe-Bildung: Oberes Mittelrheintal – Unterrichtsmaterialien als OER

Welterbe Bildung HEader„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…“ Zum Welterbe Oberes Mittelrheintal liegt nun eine Handreichung mit Unterrichtsentwürfen und -materialien vor, die in Zusammenarbeit von Pädagogischem Landesinstitut Rheinland-Pfalz und Zweckverband erarbeitet wurde. Die Handreichung gibt es als Printversion (bestellbar hier) sowie als Open Educational Resources auf einer eigenen Website.

Dort finden sich alle Texte und Materialien der Handreichung zum Download in mehreren Formaten (pdf, doc, odt), so dass sie an die jeweilige Lerngruppe und Lernsituation angepasst werden können. Es sind (fast) alle Fächer vertreten, wobei besonders viele Unterrichtsvorschläge für Geschichte vorhanden sind.

Die Handreichung ist nicht nur für Schulen am Oberen Mittelrhein interessant, sondern darüber hinaus für alle, die das UNESCO-Welterbe exemplarisch im Unterricht aufgreifen wollen oder das Mittelrheintal für Exkursionen oder Klassenfahrten als Ziel wählen. Die Einheiten können differenziert aufgerufen werden, ob sie sich für den Unterricht im Klassenzimmer oder im Welterbe vor Ort eignen (siehe Wahlmöglichkeit „Lernort“).

Für mich ist das Projekt wegweisend für die Entwicklung von OER in Deutschland. Wenn sich die Aus- und Fortbildungsinstitute der Länder auf den Weg machen und ihre (ohne kommerziellen Interessen) erstellten Materialien als OER zur Verfügung stellen (siehe dazu auch hier), wird bereits vorhandenes Potential sinnvoll genutzt.

Allerdings ergibt sich daraus zugleich die weiterführende Frage nach der Auffindbarkeit der entsprechenden Online-Angebote. Auch über die Lizenzfrage, hier von den Herausgebern mit der Einschränkung NC gewählt, ließe sich noch einmal diskutieren. Aber angesichts der vorrangigen Erstellung, Veröffentlichung und Nutzung von OER in der Praxis sind das nachgeordnete Fragen und Probleme.

Internationale Projektarbeit mit eTwinning – das UNESCO – Welterbe im Vergleich

Die Arbeit in einem bi-oder trinationalen Projekt ermöglicht einen komparativen Zugang zu Begriff und Anschauung des UNESCO-Welterbes. Die Schülerinnen und Schüler untersuchen die nächstgelegene Welterbestätte und tauschen ihre Ergebnisse mit einer oder mehreren Partnerklassen aus anderen Ländern aus. Sie entdecken dabei unterschiedliche world-projectFormen von Welterbe (Kultur, Natur, immaterielles Kulturerbe), können diese beschreiben, vergleichen und erkennen ihre Bedeutung.

Die gemeinsame Arbeit nimmt dabei je nach Alter der Schülerinnen und Schüler und je nach Ziel des Projektunterrichts auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen verschiedene Aspektein den Fokus. Das können die Kriterien der Anerkennung als Welterbe sein ebenso wie dessen Bewahrung, Tourismus oder Wirtschaft. Für Schulen in Rheinland-Pfalz und Hessenkann es darüber hinaus sinnvoll sein, über das Obere Mittelrheintal hinaus, weitere Welterbestätten in den beiden Bundesländern miteinzubeziehen, um diese miteinander zu vergleichen, so z. B. den Limes, die Porta Nigra in Trier oder den Kaiserdom in Speyer.

Was ist eTwinning?

eTwinning ist eine europäische Lernplattform für Schulen. Die Plattform besteht aus zwei Teilen: einem Community-Bereich für Lehrer und dem Twinspace, dem virtuellen Klassenraum für die gemeinsame Arbeit mit anderen Klassen aus ganz Europa. Aktuell (Stand:11/2014) sind auf eTwinning 275653 Lehrkräfte registriert. Im Lehrerbereich besteht die
Möglichkeit, Partner für eigene Projekte zu suchen, sich mit anderen Lehrkräften auszutauschen und gemeinsame Unterrichtsvorhaben vorzubereiten. DieAnmeldung und Nutzung ist kostenlos. Die Plattform ist darüber hinaus vollständig werbefrei, was sie für den Einsatz inder Schule besonders geeignet macht.
Um einen virtuellen Klassenraum, den sogenannten Twinspace, zu erhalten, benötigt man mindestens einen Partner aus einem der am eTwinning-Programm teilnehmendem Ländern.Das sind die 28 Länder der Europäischen Union sowie darüber hinaus Island, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Norwegen, die Schweiz und die Türkei. Im Rahmen von eTwinning Plus können auch Schulen aus Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, der Ukraine sowie Tunesien teilnehmen.
Aufbauend auf einer eTwinning-Partnerschaft mit einer Schule aus einem dieser Länder können aber auch weitere, ggf. nicht-europäische Partner zur gemeinsamen Arbeit im virtuellen Klassenraum eingeladen werden, so dass sich
auch die globale Dimension des Welterbes im Projekt aufgreifen lässt. eTwinning stellt dafür allerdings keine Partnersuche zur Verfügung. Hilfreich kann hier z. B. das weltweite Netzwerk der UNESCO-Projektschulen sein.

Um den Schülerinnen und Schülern Zugang zum virtuellen Klassenraum zu geben, müssen keine Daten angegeben werden, nicht einmal eine E-Mailadresse ist notwendig. Im Twinspace gibt es verschiedene Bereiche, die gemeinsam von Lernenden und Lehrkräften oder getrennt voneinander genutzt werden können. Als Kommunikations-, Arbeits-und Publikationswerkzeuge stehen in jedem Klassenraum u. a. Foren, Blogs, interne E-Mails, Wikis und Fotogalerien zur Verfügung. Auch externe Inhalte wie z. B. Videos von Youtube können eingebunden werden.

Didaktisch-methodische Anmerkungen

Bei der Arbeit mit eTwinning handelt es sich um Projektarbeit mit einer Online-Lernplattform. Die Häufigkeit des Austauschs und die Intensität der Zusammenarbeit bestimmen die Partner jeweils selbst. So ist ebenso ein Projekt denkbar, das in wenigen Wochen alle Unterrichtsstunden der Projektarbeit widmet wie über einen Zeitraum von mehreren Monaten jeweils mit einer Projektstunde jede oder alle zwei Wochen. Entscheidend ist die Planung und Absprache durch die Partner und die zeitlich synchronisierte Abfolge der Arbeitsschritte in den beteiligten Lerngruppen mit jeweils vereinbarten Endterminen für die jeweilige Aufgabe oder Arbeitsphase.

eTwinning ist über einen Browser zugänglich. Zur Arbeit in der Schule sind also ausreichend Computer mit Internetanschluss notwendig. Je nach Projektplanung können weitere Geräte wie ein Beamer für Präsentation oder Lautsprecher für eine Videokonferenz notwendig sein. Bei der Projektplanung sollte vorab geklärt werden, ob die benötigte Software (z. B. Foto- oder Videobearbeitungsprogramme) auf den Schulrechnern vorhanden ist oder die Möglichkeit besteht, diese ggf. bis zum Projektstart dort zu installieren.
Je nach Alter und Erfahrung der Schülerinnen und Schüler im Umgang mit Lernplattformen und im Austausch mit Partnerklassen ist es empfehlenswert, vor Beginn des Projekts gemeinsam Verhaltensregeln für den „virtuellen Klassenraum“ zu besprechen und zu vereinbaren. Dinge, die eigentlich im Umgang selbstverständlich sind, werden in Einzelfällen manchmal mal nicht beachtet, was zu Irritationen und Problemen in der Projektarbeit führen kann.
Ein höflicher Ton und Umgang miteinander sollten selbstverständlich sein. Nur Dokumente (z. B. Fotos), die in inhaltlichem Bezug zum Projekt stehen, sollen hochgeladen werden. Den Schülerinnen und Schülern stehen im Twinspace auch Kommunikationsmittel wie private E-Mail oder eine private Chat-Funktion zur Verfügung, die für die Lehrkraft nicht einsehbar sind. Kontrollverlust ist aber nicht zu fürchten, da z. B. die E-Mails beim Empfänger dokumentiert werden und die Lehrkräfte in permanentem Austausch stehen. Das sollte den Schülerinnen und Schülern auch transparent gemacht werden.

Es ist theoretisch möglich, das Projekt nur im Klassen- und Computerraum durchzuführen und virtuelle Informations- und Zugangsmöglichkeiten zu nutzen. Sowohl bei der Vorstellung der eigenen Stadt, Region und speziell bei der Arbeit zum Welterbe erscheint es aber sinnvoll, dass die Lernenden die Schule verlassen und vor Ort Erkundungen durchführen und ihre Beobachtungen dokumentieren.

Exemplarischer Projektverlauf

Als Beispiel, wie die Arbeit mit eTwinning aufgebaut und strukturiert werden kann, soll ein Projektplan für ein eTwinning-Projekt „Unser UNESCO-Welterbe“ einer Schule im Welterbe am Mittelrhein mit einer Partnerklasse auf La Réunion (Weltnaturerbe) im Fremdsprachen- und Biologieunterricht einer 10. Klasse sein. Die Projektplanung lässt sich leicht an andere Themen und Regionen anpassen, indem entsprechend der inhaltliche Fokus verändert wird.
Grundsätzlich ist es immer eine didaktisch sinnvolle Möglichkeit von der Lebenswelt der Lernenden und damit also von den Regionen der Projektpartner auszugehen, in denen die Schülerinnen und Schüler das Welterbe entdecken, beschreiben und schließlich im Hinblick auf Ähnlichkeiten und Unterschiede im Austausch mit der Partnerklasse vergleichen.

Vorbereitung
1. Registrieren als Lehrkraft auf dem eTwinning-Portal (www.etwinning.net)
2. Falls nicht vorhanden, Suche nach (einem) geeigneten Partner(n) über die eTwinning-„Partnerbörse“ („eTwinner finden“), die auf dem eTwinning-Desktop nach Registrierung verfügbar ist.
3. Frühzeitiges Einbinden der Lernenden in die Projektplanung.
4. Kontaktaufnahme und Austausch mit Lehrkraft der Partnerklasse: Vereinbaren der Projektinhalte und –
ziele, der Kommunikationsmittel, des zeitlichen Rahmens, der Austauschfrequenz, der einzelnen Arbeitsschritte, ggf. eines (gemeinsamen) Lernprodukts.
5. Beantragung eines gemeinsamen Twinspace, virtuelles Klassenzimmer auf eTwinning. Nach Freischaltung Einrichten des Klassenraums und der Zugangsdaten der Schülerinnen und Schüler.

Durchführung
Im vorliegenden Projekt war vereinbart zwei bis drei Unterrichtsstunden pro Woche an dem Projekt zu arbeiten. Die Stunden lagen allerdings nicht parallel, so dass für synchrone Aktivitäten (Chat, Videokonferenz) Stunden mit Kollegen getauscht oder (freiwillige) Termine am Nachmittag vereinbart wurden. Das Projekt wurde in La Réunion im bilingualen Fachunterricht Biologie, in Deutschland fächerübergreifend in Französisch und Biologie durchgeführt. Die Kommunikation erfolgte jeweils in der Fremdsprache auf Deutsch bzw. Französisch.

1. Woche: Sich vorstellen und kennenlernen, Videokonferenz der Klassen als „Eisbrecher“, Kurzvorstellung der Schüler im Twinspace mit „Steckbriefen“.

2. Woche: Vorstellen der eigenen Schule und Stadt mit Hilfe von PowerPoint-Präsentationen oder kurzen Videos, Möglichkeit sich darüber im Chat oder Forum auszutauschen und Fragen zu stellen.

3. Woche: Die Schülerinnen und Schüler erstellen ein Online-Quiz über die eigene Region und ihre Freizeitaktivitäten für die andere Gruppe.

4. Woche: Einführung des UNESCO-Welterbes, Nutzung von z.B. Google Earth oder Google Streetview. Dazu gibt es auch ein spezielles Plugin für „Google Earth“, das UNESCO-Weltkulturerbestätten anzeigt.

5. Woche: Gesamtüberblick Weltnaturerbe auf La Réunion und Weltkulturerbe am Mittelrhein (Karten, Sehenswürdigkeiten). Vergleich von Natur- und Kulturerbe: Was ist beiden als Welterbe gemeinsam?

6.-7. Woche: Arbeit in gemischten Gruppen mit je zwei bis drei deutschen und französischen Schülern zu selbst gewählten Themen und Aspekten (Tourismus, Wirtschaft, Freizeit, Geschichte, Biodiversität etc.), die sie vergleichend für die beiden Welterbestätten erarbeiten.

8. Woche: Abschluss: Präsentation und Auswertung der Ergebnisse der Gruppenarbeiten (in diesem Fall PowerPoint-Präsentationen, denkbar wäre auch z. B. Texte und Fotos in einem gemeinsamen Blog oder die Gestaltung einer Ausstellung, die in beiden Schulen gezeigt wird)

Nachbereitung: gemeinsame Evaluation des Projekts

Bezüge zu anderen Fächern

Der Unterrichtsvorschlag zeigt eine Möglichkeit auf in einem bi-oder sogar multilateralen Klassenprojekt Welterbe-Bildung auch in den Fremdsprachen aufzugreifen. Dies bietet sich besonders für die Zusammenarbeit mit anderen Fächern an. Je nach thematischer Schwerpunktsetzung im Projekt ist eine Kombination mit fast allen naturwissenschaftlichen oder gesellschaftswissenschaftlichen Fächern denkbar. Inhaltliche Anregungen für ein eigenes Projekt finden sich z. B. in den Anerkennungskriterien der UNESCO für die Welterbestätte (siehe Beitrag 1.3 und 2.2).

Im Sprachunterricht können notwendige Redemittel geübt und der Wortschatz erarbeitet, im Fachunterricht die Inhalte begleitend vertieft bearbeitet werden. Für einen Fokus auf die UNESCO und die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Welterbestätten und der Statusvergabe sowie aktuelle Fragen und Probleme bieten sich besonders die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer an.

Literatur- und Medienhinweise

Europäische Lernplattform eTwinning: http://www.etwinning.net/de/pub/index.htm

eTwinning Deutschland: http://www.etwinning.de/ (hilfreiche Seite mit Hinweisen zu aktuellen Angeboten, Fortbildungen, Kontaktseminaren, Praxishandbüchern zum Download etc.)

Daniel Eisenmenger, eTwinning – eine Chance für den Geschichtsunterricht? Eine Stärkung der europäischen Perspek
tive(n) durch den Einsatz von webbasierten Kommunikationswerkzeugen. in: geschichte für heute 2 (2010), S. 72-78.

Daniel Eisenmenger, Multiperspektivität fördern mit eTwinning, online: www.lehrer-online.de/multiperspektivitaet.php

Dieser Beitrag wurde ursprünglich unter CC BY-NC-SA Lizenz in der PL-Information 14/2014 „Welterbe-Bildung im UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal“ veröffentlicht.

Erkundung von UNESCO Welterbestätten mit digitalen Medien

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OER Global Logo by Jonathas Mell

Herausgegeben vom Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz und dem Zweckverband zum „Welterbe Oberes Mittelrheintal“ erscheint dieses Jahr – meines Wissens – zum ersten Mal in RLP eine komplette Handreichung unter Creative Commons-Lizenz und den Unterrichtsmaterialien als Open Educational Resources.

Der Band wird im Print und online erscheinen. Er enthält neben einem Überblick über das UNESCO Welterbe und die World Heritage Education zahlreiche Unterrichtseinheiten speziell zur Arbeit über oder im Welterbe Oberes Mittelrheintal. Sobald die Veröffentlichung verfügbar ist, werde ich hier im Blog darauf hinweisen.

Einen meiner Beiträge stelle ich hier vorab als Preprint zur Verfügung. Der kurze Artikel zum Erkunden von UNESCO Welterbestätten mit digitalen Medien bezieht sich nicht nur auf das Mittelrheintal, sondern enthält allgemeine, programmatische Überlegungen: Erkundung von UNESCO Welterbestätten mit digitalen Medien. Ergänzt wird der Beitrag durch eine Liste mit beispielhaften Operatoren für mobiles Lernen nicht nur an Welterbestätten: Operatorenliste.

Projekt: jüdische Geschichte

In den vergangenen Tagen haben wir bei uns an der Schule im Rahmen der UNESCO-Projekttage (insgesamt 3 Tage von jeweils 8-13h) mit einer kleinen Gruppe von Achtklässlern und einem Siebtklässer zu jüdischem Leben in Vergangenheit und Gegenwart in Koblenz und Mainz gearbeitet. Die Projekttage standen unter dem Motto „Welterbe Erde – mach dich stark für Vielfalt“, was wir mit dem Projekttitel „Jüdisches Leben am Rhein – Verlorene Vielfalt?“ aufgegriffen haben und mit einem Besuch in Mainz auch einen Bezug zum UNESCO-Welterbeantrag der SchUM-Städte hergestellt haben.

Den Holocaust haben wir dabei bewusst (weitgehend) ausgeklammert, weil dieser in Schulen und Medien sehr stark fokussiert wird und wir aufzeigen wollten, dass jüdische Geschichte und Kultur mehr ist und nicht darauf reduziert werden darf. Die Schülerinnen und Schüler haben eigene Zugänge zum Thema entwickelt und daraus verschiedene Produkte erstellt, die in einem Blog dokumentiert sind. Wer Zeit und Lust hat, kann ja mal reinschauen:

http://juedischegeschichte.wordpress.com/

 

UNESCO integriert BYOD und Flipped Classroom in ihre „Policy Guidelines on Mobile Learning“

Ensure the productive use of time spent in classrooms

UNESCO’s investigations have revealed that mobile devices can help instructors use class time more effectively. When students utilize mobile technology to complete rote tasks such as listening to a lecture or memorizing information at home, they have more time to discuss ideas, share alternate interpretations, work collaboratively, and participate in laboratory activities while at school. Far from heightening isolation, mobile learning allows people increased opportunities to cultivate the complex skills required to work productively with others.

A model gaining traction in North America “flips” classrooms by asking students to watch informational lectures outside of school – usually on mobile devices carried with students wherever they are – so that greater class time can be devoted to the application (as opposed to the mere transmission) of disciplinary concepts. Tasks that were once school-work become homework, and school-work places greater emphasis on the social aspects of learning.“ […] (S. 5)

Develop strategies to provide devices for students who cannot afford them

Mobile devices hold special promise for education, in large part, because a majority of people already have access to one. Collectively, they are the most common ICT on the planet. While governments should seek to enlarge learning opportunities for the huge number of people who have a personal mobile device, they also need to ensure mobile learning opportunities remain open to students who do not currently have one.
Currently there are three widely-practiced models for ensuring people have the hardware needed for mobile learning: 1) governments or other institutions provide devices directly; 2) students bring their own devices, commonly referred to as BYOD; or 3) governments and institutions share provisioning responsibilities with students.  As expected, the BYOD model is attractive because it is inexpensive – the costs of the devices, their maintenance, and their connectivity plans are usually shouldered by students – and, as a result, BYOD projects can be implemented quickly in areas where most students have mobile devices.

However, BYOD has serious limitations if it fails to accommodate students who do not own mobile hardware or creates scenarios where students with superior devices and connectivity plans can outperform those with inferior devices and plans.

Policy recommendations:

  • Ensure equal access for all students and teachers to mobile technology and participation in mobile learning. In the case of BYOD implementations, governments should adopt measures to provide mobile hardware and connectivity to students who do not own their own devices.
  • When possible, allow students to “own” their mobile devices. A principle advantage of mobile learning is that it opens up educational opportunities inside and outside of schools.
  • Encourage government departments and educational institutions to negotiate with vendors and leverage the purchasing power of large numbers of students.“ (S. 10)

Source (PDF): http://www.unesco.org/new/fileadmin/MULTIMEDIA/HQ/ED/pdf/UNESCO_Policy_Guidelines_on_Mobile_Learning_DRAFT_v2_1_FINAL__2_.pdf

Die UNESCO lädt dazu ein, den Entwurf auf ihren Seiten zu diskutieren, Anregungen und Kritik einzubringen:

http://ict.unescobkk.org/forum/viewtopic.php?f=4&t=57603