Frankreich, die Schule und die Schweinegrippe

Nach dem Bericht der Libération hat der französische Bildungsminister zwei Wochen vor dem Schulstart in Frankreich – wie zu erwarten – keine allgemeine Schulschließung angeordnet. Die Entscheidung einzelne Schulen gegebenenfalls zu schließen, bleibt den Präfekten überlassen. Sollten bei mindestens drei Schülern einer Klasse Verdacht auf Schweinegrippe festgestellt werden, kann die Klasse oder sogar die ganze Schule für mindestens sechs  Tage geschlossen werden. Sollte dies bei vielen Schulen der Fall sein, wird zur Stoffvermittlung ein Bildungsfernsehprogramm auf den Sender France culture und France 5 ausgestrahlt werden. Zusätzlich soll dann auch zusätzlich ein e-learning-Angebot für die Schüler auf der Seite www.academie-en-ligne.fr bereitgestellt werden.

e-learning statt Schweinegrippe?

Als ich vor einiger Zeit den Blogeintrag von Beat zum Thema gelesen habe, musste ich noch etwas schmunzeln, dachte aber, da könnte was dran sein… Nachdem NRW beschlossen hat, Montag regulär den Schulunterricht wieder aufzunehmen, diskutiert nun Frankreich über eine Schließung der Schulen und alternative Unterrichtskonzepte.

Am Mittwoch hatte der zuständige Minister, Luc Chatel, in einem Interview mit dem Figaro seine Bereitschaft erklärt, gegebenenfalls alle Schulen in Frankreich zu schließen. Bei der Libération gehören die beiden Artikel zum Thema heute zu den meist gelesenen und kommentierten. Anstelle des Schulunterrichts soll über 12 Wochen vier Tage pro Woche „der wichtigste Stoff“ für allen Klassenstufen über Fernsehsendungen vermittelt werden. Einige Lehrer in den Schulen sollen für die Schüler telefonisch und per E-Mail für Nachfragen zur Verfügung stehen.

Am meisten überrascht mich der Kontrast von angekündigtem Aufwand und didaktischer Einfallslosigkeit. Instruktion durch „pädagogisches“ Fernsehen scheint angesichts der alternativen Möglichkeiten, die der ICT-Einsatz bietet, schlicht anachronistisch. Der Vorschlag entspricht aber vielleicht der  weiterhin lebendigen Tradition des französischen Zentralismus, der sich auch an einem Festhalten am Konzept zentraler Wissenvermittlung statt individueller Wissenkonstruktion widerzuspiegeln scheint. Das aber auch die Forderung nach e-learning auf die Schnelle keine Lösung ist und „mal so eben“ einfach nicht funktionieren kann, darauf macht Dominik Petko in seinem Blog zu Recht aufmerksam.

Am 18. August wird es in Frankreich ein Treffen des Krisenstabs geben, der über das weitere Vorgehen entscheiden wird.