„Aktuelle Stunde“ mit eurotopics

daily-news-aliens-wildchief-800pxSeit meinem Wechsel an eine Gesamtschule unterrichte ich in der Mittelstufe nicht mehr das Fach „Geschichte“, sondern „Gesellschaftslehre“, das Inhalte aus den Schulfächern Geschichte, Sozialkunde/Politik und Erkunde zu thematischen Einheiten zusammenführt.

Die Stunden der Fächer wurden zusammengelegt und dabei nicht gekürzt, so dass das Fach Gesellschaftslehre durchgängig in den Klassen 5-10 eine Wochenstundenzahl wie ein Hauptfach – Klassenarbeiten werden allerdings keine geschrieben. Anders als im ein- oder zweistündigen Fachunterricht am Gymnasium bieten Lehrplan und Stundenzahl so die Chance regelmäßig wöchentlich oder zumindest alle 14 Tage eine „aktuelle Stunde“ zu Themen aus den Nachrichten zu machen.

Das ist – nebenbei bemerkt – neben (Lehrplan-) Inhalten, politischer Orientierung und dem Interesse vieler Schülerinnen und Schüler an aktuellen Fragen auch eine Chance für Medienbildung im Fachunterricht.

Zu Beginn des Jahres habe ich in Klasse 9 im Rahmen der „Aktuellen Stunde“ eine Unterrichtsreihe mit Hilfe der Presseschau von euro|topics durchgeführt. Auf das Angebot von eurotopics habe ich schon früh in diesem Blog hingewiesen, wer es noch nicht kennen sollte:

Die Presseschau euro|topics zeigt, welche Themen Europa bewegen und spiegelt die Vielfalt an Meinungen, Ideen und Stimmungen wider. Ob Politik, Wirtschaft, Gesellschaft oder Kultur: euro|topics blickt täglich in die europäische Presse und zitiert die wichtigsten Stimmen. Denn eine Frage bewegt uns: Was denkt Europa?

Mit der täglichen Presseschau leistet euro|topics seit 2005 einen wichtigen Beitrag für eine europäische Öffentlichkeit. Sie zielt darauf ab, ein realistisches Bild der jeweiligen nationalen Debatten und Diskurse wiederzugeben. Dafür werden Beiträge aus europäischen Medien zitiert, die in der öffentlichen Wahrnehmung der jeweiligen Länder relevant sind. Die Presseschau fördert transeuropäische Diskussionen und schafft neue Netzwerke des medialen, kulturellen und politischen Austauschs. Eine Mediendatenbank bietet Hintergrundinformationen zu rund 500 Print- und Onlinemedien.

euro|topics ist ein Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. Seit Mai 2008 erstellt das »Journalisten-Netzwerk n-ost die Presseschau. (http://www.eurotopics.net/de/149270/europas-presse-kommentiert)

Die Mini-Unterrichtsreihe verlief in vier Etappen:

  1. Mehrere aktuelle Themen aus der Presseschau hatte ich für die Schülerinnen und Schüler zusammengestellt, jeweils die Einführung plus ein oder zwei (übersetzte) Kommentare dazu aus unterschiedlichen europäischen Zeitungen. Die Lernenden haben sich nach Interesse ein Thema ausgesucht und dazu folgende Aufgaben bearbeitet:
  • Lies den Text und notiere kurz, um welches Thema/Problem es geht.
  • Fasse jeweils in einem Satz zusammen, welche Meinung der Journalist in der Zeitung dazu vertritt.
  • Vergleiche deine Ergebnisse mit einer Mitschülerin / einem Mitschüler, die/der dasselbe Thema gewählt hat.
  • Erstellt gemeinsam ein kleines Quiz zu eurem Thema und löst das Quiz einer anderen Gruppe.

chrisdesign-glossy-smiley-set-4-800px2. Im zweiten Schritt haben die Lernenden journalistische Darstellungsformen (Interview, Kommentar, Bericht etc.) gesammelt und anschließend begründet in zwei Gruppen nach „informierend“ und „meinungsäußernd“ unterteilt. Nach einer kurzen Vorstellung von eurotopics und dem Aufbau der Seiten und Dossiers (Wo stehen hier welche Informationen? So dass eine leichtere Orientierung zwischen Informationen zum Thema und den Kommentaren aus den Zeitungen möglich war. Um diese Trennung zu erkennen, war übrigens für fast alle Lernenden eine Hilfe nötig.) vertieften die Schülerinnen und Schüler ihr Thema aus der ersten Stunde: Sie suchten das dazugehörige Dossier auf eurotopics, arbeiten aus weiteren Kommentaren die unterschiedlichen Meinungen zum Thema heraus, um sie abschließend kurz im Plenum vorzustellen.

3. Aufbauend auf den vorangehenden Stunden arbeiteten die Lernenden nun selbstständig mit der Seite eurotopics, in dem sie sich zunächst einen Überblick über die aktuellen Themen der vergangenen Woche verschafften, eines je nach Interesse auswählten, dieses anschließend mit verschiedenen Meinungen dazu im Plenum vorstellten, Nachfragen beantworteten und in der Diskussion mit Bezug auf die Pressekommentare eine eigene Meinung formulierten.

4. Nach einer gemeinsame Erarbeitung, wie man einen Kommentar aufbaut und was Kriterien für einen gut formulierten Kommentar sind, haben die Lernenden wiederum selbstständig ein aktuelles Thema gewählt, sich eingelesen und dann dazu einen eigenen Kommentar anhand der formulierten Kriterien verfasst. Abschließend stand gegenseitiges Feedback der Lernenden untereinander zu den von ihnen selbst verfassten Kommentaren.

Staatsbürgerliche Kenntnisse, Nation und Europa

Laut einer Studie der IEA verfügen die Schülerinnen und Schüler in Europa über gute, über dem internationalen Schnitt liegende Kenntnisse in staatsbürgerlicher Bildung. Außerdem ergab die Studie, „dass die Schülerinnen und Schüler, obwohl sie sich stärker für politische und soziale Themen ihres eigenen Landes interessieren als für europäische oder internationale Politik“. Gleichzeitig war aber bei „der großen Mehrheit der Schülerinnen und Schüler […] das Gefühl der europäischen Identität stark ausgeprägt. Die meisten Schülerinnen und Schüler äußerten auch ihren Stolz darüber, dass ihr Land Mitglied der EU ist.“

Für die Studie wurden 2008 und 2009 in 38 Ländern mehr als 140.000 Schülerinnen und Schüler  sowie 62.000 Lehrkräfte und Schulleitungen befragt. Deutschland hat an der Studie nicht teilgenommen.

Iran 2009 im Comic

Das Vorbild kann der Comic nicht verleugnen. Wer Persepolis von Marjani Satrapi kennt, wird die Ähnlichkeiten schnell erkennen. Im Blog-Comic Zahra’s Paradise schildern Amir und Khalil ihre Sicht auf die Demonstrationen,  bei denen Twitter so eine wichtige, medial weltweit beachtete Rolle gespielt hat und die vorschnell als grüne Revolution tituliert worden waren, im vergangenen Jahr in Iran anhand einer fiktiven Geschichte.

Jede Woche erscheint im Blog eine neue Seite des Comics, der auch in Buchform erscheinen soll. Zu den Hintergründen findet sich auf Qantara.de ein kurzer Bericht von einem Gespräch mit den beiden Autoren. Der Comic erscheint im Internet in zehn Sprachen, darunter u.a. Englisch, Französisch und Spanisch. Sehr interessant sind auch die Kommentare zu den jeweiligen Seiten.