„Lisa, the iconoclast“ oder die Simpsons im Geschichtsunterricht

Auf deutsch lautet der Titel der 16. Folge der siebten Staffel völlig anders, nämlich: „Das geheime Bekenntnis“. Der Film stammt bereits von 1996 und ich gebe zu, kein regelmäßiger Simpsonsgucker zu sein. Vielmehr bin ich nur zufällig auf die Folge aufmerksam geworden (Wer es genau wissen will: über einen Link auf Twitter zu einem Zeitungsartikel eines flämischen Nationalisten!).

Eine kurze Zusammenfassung der Folge findet sich u.a. in der Simpsonspedia:

„Lisa recherchiert für einen Aufsatz. Dabei findet sie Ungeheuerliches heraus: Stadtgründer Jebediah Springfield war in Wirklichkeit ein bösartiger Pirat. Lisa fühlt sich der Wahrheit verpflichtet und schreibt dies in ihrem Aufsatz. Ein Sturm der Entrüstung bricht los, niemand schenkt ihr Glauben – außer Homer. Durch Homers überzeugendes Auftreten als Ausrufer wird beschlossen, Jebediah zu exhumieren. In seinem Sarg sollte sich der Beweis finden, doch da ist keiner. Und zwar weil der Museumsdirektor ihn schnell verschwinden ließ. Als Lisa das herausfindet beschließen sie, die Sache öffentlich kundzutun. Aber als sie vor den Feiernden steht und sieht, dass alle nur wegen ihrem Glauben an Jebediah zusammenhalten, bringt sie es nicht übers Herz die Wahrheit zu sagen.“

(Besser und auch deutlich umfangreicher ist die Beschreibung der Folge in der englischsprachigen Wikipedia.)

Eine Folge der Simpsons dauert knapp über 20 Minuten, eignet sich also von der Länge ideal für den 45-Minuten-Schulrhythmus, so dass noch ausreichend Zeit zur Besprechung und Diskussion bleibt.

Wie lässt sich diese Folge für den Geschichtsunterricht nutzen?

Eingesetzt habe ich die Folge in der Oberstufe und wir haben daran verschiedene gesellschaftliche Funktionen von Geschichte erarbeitet (in einer Gegenüberstellung der Bewohner Springfields mit Lisa), die Unterscheidung von historischen Quellen und späterer Mythosbildung, die eine eigene Wirkmächtigkeit und Bedeutung entfalten kann, verdeutlicht und abschließend das Verhalten Lisas diskutiert.

Die offene Frage, wie die Schüler ihr Verhalten beurteilen, ob sie ihrer Meinung nach richtig gehandelt hat, führte zu einer weitgehend selbstläufigen, sehr kontroversen Diskussion. Es wurden dabei sowohl Unterschiede zwischen der deutschen und US-amerikanischen Geschichts- und Erinnerungskultur als auch mögliche Vergleichspunkte mit der deutschen Geschichte (Denkmäler, historische Vorbilder, moralische Integrität) diskutiert. Insgesamt konnten die Schüler in diesem Zusammenhang in selten umfangreicher Weise Vor- und Kontextwissen aktivieren und sinnvoll anwenden.

Die Simpsons-Folge ist auf jeden Fall ein guter Impuls für eine Einzelstunde oder kann als motivierender Einstieg in eine entsprechende Reihe dienen (z.B. zum Thema Denkmäler). Es scheint sich zu lohnen, auch solche geschichtskulturellen Produkte, selbst wenn sie, wie in diesem Fall rein fiktiver Natur sind, zum Gegenstand des Unterrichts zu machen, wenn man die Entwicklung des Geschichtsbewusstseins und den kompetenten Umgang mit geschichtskulturellen Phänomenen in das Zentrum des Unterrichts stellen will.

Helden?

Das Foto zeigt einen Gedenkstein am Ortseingang des Koblenzer Stadtteils Arzheim und eignet sich z. B. für einen Unterrichtseinstieg mit regionalgeschichtlichem Bezug, der zu allgemeinen Fragen und Erkenntnissen über den Umgang mit Nationalsozialismus, 2. Weltkrieg und der Rolle der Wehrmacht führen kann… auch in Anlehnung an das Thema des letzten Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten.

Hinweis: Der nächste Wettbewerb startet übrigens mit neuem Thema am 01.09.2010! Wer auch immer dann als Bundespräsident oder -präsidentin die Patenschaft übernehmen wird…