Es ist nicht das erste Denkmal, das in Koblenz wieder errichtet wird. Bereits 1993 wurde Kaiser Wilhelm I. samt Pferd wieder auf das Denkmal am Deutschen Eck gehievt. Im letzten Jahr enstand der Weinbrunnen von 1928 wieder vor dem Weindorf in den Rheinanlagen (siehe Bilder). So unpolitisch harmlos, wie der Name vermuten lässt, ist der Brunnen keineswegs, so steht zussammenfassend in der Wikipedia:
Der Brunnentrog ist mir vier Reliefs aus dem Heldenepos der Nibelungensage versehen. Zusätzlich ist folgender Trinkspruch auf Siegfried angebracht, der aus dem Gedicht „Rheinsage“ von Emanuel Geibel stammt: „Wir aber füllen die Römer und trinken im goldenen Saft uns deutsches Heldenfeuer und deutsche Heldenkraft.“ Herbert Dellwing und Udo Liessem zufolge ist „die Plastik […] gleichzeitig als Hinweis auf die erwartete Befreiung von der französischen Besatzung zu verstehen und damit politisch zu interpretieren“
Nun soll in diesem Jahr das sogenannte Barbara-Denkmal auf dem Friedrich-Ebert (früher: Kaiser-Wilhelm) Ring neu aufgestellt werden. Auch hier verdeckt der Name, dass es sich eigentlich um ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen eines Artillerie-Regiments handelt. Das Regiment wurde 1920 aufgelöst, hat aber heute in Koblenz einen eigenen „Living history“-Verein. Für den Geschichtsunterricht kann dies als Anlass genutzt werden, um das Thema aufzugreifen. Die dabei zu diskutierenden Fragen scheinen mir auch über Koblenz hinaus für Schulen interessant, wobei natürlich – sofern vorhanden – regionale Beispiele für Schülerinnen und Schüler vermutlich interessanter sind. Der unten beschriebene Einstieg müsste bei einer Übernahme des Themas außerhalb von Koblenz auch entsprechend verändert werden.
Unterrichtsablauf und -material:
Ausgangspunkt des Unterrichts war zunächst eine Verortung des historischen Standorts des Barbara-Denkmals. Dazu wurde die Anwendung „App in die Geschichte“ genutzt. Die Schülerinnen und Schüler hatten zwei der hier wiedergegebenen Aufnahmen dort abgebildet und vorbereitend die Aufgabe, den Ort im heutigen Stadtbild wiederzufinden und möglichst in gleicher Perspektive wie die Originalaufnahme, ein Foto des heutigen Ortes zur Zeit noch ohne Denkmalrekonstruktion zu machen.
Mit Hilfe der Fotos erfolgte eine Einordnung des Standorts innerhalb des Stadbildes sowie eine Beschreibung des Denkmals. Verschiedene Texte (Word-Datei) des Vereins der Freunde und Förderer des Denkmals, der Bundeswehr sowie der Rhein-Zeitung waren Grundlage der Erarbeitungsphase. Aufgrund des Umfangs der Texte ist eine arbeitsteilige Gruppenarbeit sinnvoll. Die Arbeitsaufträge lauteten wie folgt:
1) Arbeitet heraus, wie a) die Aussage des Denkmals beschrieben und b) die Wiedererrichtung begründet wird.
2) Ermittelt die (gesellschaftlichen) Gruppen, die sich für eine Wiedererrichtung des Denkmals engagieren (Website des Vereins der Freunde und Förderer http://www.vff-barbara.de/).
3) Formuliert einen zustimmenden oder ablehnenden Leserbrief zur Wiedererrichtung des Denkmals.
Die Texte liefern die notwendigen Informationen für die Rahmenbedinungen (Ort, Gruppen, Finanzierung etc.). Das Denkmal eignet sich für den Unterricht besonders deshalb, weil die Frage nach der Wiederrichtung eine offene Frage ist. Die Gestaltung des Koblenzer Barbara-Denkmals ist im Vergleich zu anderen Denkmälern des Kaiserreichs tatsächlich eher ungewöhnlich. Anders als bei eindeutig militaristischen Denkmälern kann bei dem gewählten sowohl eine zustimmende wie ablehnende Positionierung gut begründet und vertreten werden. Allerdings hat es, soweit ich das überblicke, in Koblenz weder zum Weinbrunnen noch zum Barbara-Denkmal eine kontroverse öffentliche Diskussion bezüglich ihrer Wiedererrichtung gegeben.
Ausgehend von den Leserbriefen der Schülerinnen und Schüler steht abschließend eine Diskussion zu der im Titel des Beitrags formulierten Frage. Der dritte Arbeitsauftrag lässt statt eines „Leserbriefs“ auch die Formulierung eines Online-Kommentars zu bzw. kann entsprechend umformuliert werden.
Im Kurs wurden Zustimmung und Ablehnung überaus kontrovers und engagiert diskutiert. Während die Zustimmung gegebenenfalls nur die Bejahung der in den Texten vorhandenen Begründungen verlangt, müssen für eine Ablehnung weitere Argumente gefunden, belegt und vertreten werden. Ein Schüler hat seine Sicht als Kommentar bei einem Artikel der Rhein-Zeitung zur Wiedererrichtung des Barbara-Denkmals veröffentlicht. Sein Kommentar kann als Orientierung für einen möglichen Erwartungshorizont einer ablehnenden Position dienen.
Weitere Diskussionspunkte waren übrigens, die Veränderungen von Städten und die Frage danach was erhaltens- oder sogar rekonstruktionswürdig ist sowie besonders der Punkt, dass das Barbara-Denkmal sich nicht unbedingt als Friedensdenkmal erschließt, sondern der Erklärung und Vermittlung bedarf. Wenn es um die Errichtung eines Friedensdenkmals geht, warum lässt man dann nicht ein neues bauen, dass sich heutiger Formensprache bedient und damit für die Vorbeigehenden einfacher verständlich ist?