Unterrichtsmaterial zur Diskussion über den Völkermord an den Herero und Nama

Heute habe ich das erste Mal einen Ausschnitt aus der heute-show im Geschichtsunterricht eingesetzt. Die Sendung vom 3. Juni setzt sich mit der Armenien-Resolution des Bundestags auseinander und verweist auch auf den Völkermord an den Herero und Nama. Die „6. Stunde Geschi“ der heute-show:

In ihrem Blog hat die heute-show auch kommentierte Links zum Thema zusammengestellt:

http://www.heute-show.de/zdf/artikel/135237/mehr-zur-sendung-vom-03-06-2016-volkermord.html

Satterfield_cartoon_about_Samuel_Maharero's_rebellionVoraussetzung ist die vorangehende Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen. Zwei Doppelseiten mit Darstellungstext, Quellenmaterial und binnendifferenzierenden Aufgabenangeboten bietet u.a. die neue Ausgabe von Buchners „Das waren Zeiten“ Band 2 für Rheinland-Pfalz auf den Seiten 38-41. Diese sind für die Mittelstufe gemacht, können aber auch gut in der Oberstufe als Basismaterial eingesetzt werden.

Anschließend kann dann anhand des Ausschnitts der heute-show und weiteren Zeitungsartikeln der letzten Tage und Woche die aktuelle Debatte mit den verschiedenen Positionen aufgegriffen und auf solider Basis diskutiert. Für einen Oberstufenkurs habe ich dazu zwei ergänzende Texte ausgewählt und leicht gekürzt in Kopie zur Verfügung gestellt. Der erste Text ist von Jürgen Zimmerer und am 24. Juni 2016 in der Frankfurter Rundschau unter dem Titel „Völkermord an Hereo. Erdogan hat einen Nerv getroffen“ erschienen. Der zweite Text ist ein Kommentar von Alexactus Kaure in The Namibian vom 28. Juni 2016 – laut Wikipedia der größten Tageszeitung des Landes. Der Beitrag bietet einen guten Überblick über die Debatte in Namibia, die Einschätzung der Armenien-Resolution aus namibischer Perspektive sowie die Erwartungen an Deutschland wie auch an die Weltgemeinschaft.

Die Schülerinnen und Schüler haben jeweils einen der beiden Texte gelesen und sich dann darüber ausgetauscht und die unterschiedlichen Positionen herausgearbeitet. Den Schülerinnen und Schüler war freigestellt, wer Interesse hatte und sich fit genug fühlte, freiwillig den englischen Text zu lesen.

Hier die beiden für den Unterricht leicht gekürzten und mit Zeilennummern aufbereiteten Texte als odt-Dateien zum Download:

P.S. Heute erschien auf Spiegel Online übrigens eine Artikel mit dem Titel: „Kolonialforschung: Gab es wirklich einen Völkermord an den Herero?“ In dem auf diese Überschrift folgenden Text wird ein 84jähriger „Hobby-Historiker“ vorgestellt, der hier die im Titel genannte „Kolonialforschung“ repräsentiert und versucht, „die These vom deutschen Völkermord zu widerlegen“. Für den Rest des Artikels muss man bezahlen, für solchen revisionistischen Artikel sind mir allerdings selbst 39 Cents zu viel. Für mich in mehrfacher Hinsicht unfassbar, dass der Spiegel so einen Beitrag im Jahr 2016 veröffentlicht…

 

Ruanda 1994-2014

Foto: I, Inisheer, CC-BY-SA 3.0

Foto: I, Inisheer, CC-BY-SA 3.0

Im April jährt sich der Genozid in Ruanda zum 20. Mal. Ruanda steht ganz im Zeichen der Erinnerung an den Genozid mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und Initiativen, mit zum Teil auch internationaler Reichweite. Der offizielle Gedenktag in Ruanda ist der 7. April 2014.

In Deutschland hat die Erinnerung an den Genozid bislang in diesem Jahr kaum Aufmerksamkeit gefunden. Medial fokussiert wird in bisher unbekanntem Maße die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg, auch andere “runde” Jahrestage im “Gedenkjahr” 2014 (u.a. 14 n.Chr., 714, 1714, 1814) treten dahinter weiter zurück.

Nicht nur als Partnerland von Rheinland-Pfalz, sondern auch im Hinblick auf Ursachen des Genozids, den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit den Ereignissen sowie der Erinnerung an sie ist der Genozid in Ruanda ein relevantes Thema für den Geschichtsunterricht. Deshalb haben ich einige Online-Ressourcen zusammengestellt, um die Geschichte Ruandas und im besonderen die Erinnerung an den Genozid von 1994 im Geschichtsunterricht aufzugreifen.

Genocide Alert

http://www.genocide-alert.de/genozid-in-ruanda-zwanzig-jahre-danach/

Die Seite bietet zusammenfassende Informationen sowie Hinweis auf eine Veranstaltungsreihe in mehreren deutschen Städten mit Podiumsdiskussionen.

Von Genocide Alert gibt es auch ein Twitter-Projekt zur Erinnnerung an die Ereignisse 1994, das Tag für Tag 20 Jahre danach “Tagesnachrichten” sendet:

http://www.genocide-alert.de/genozid-in-ruanda-zwanzig-jahre-danach/twitter-timeline

Kwibuka20

Kwibuka bedeutet Erinnern auf Kinyarwanda. Unter dieser Bezeichnung firmiert das nationale Gedenken mit einer Vielzahl von Veranstaltungen, Aktionen und dem intensiven Einsatz von Social Media: http://www.kwibuka.rw

Auf Youtube findet sich ein Kurzfilm Kwibuka ‚Remember, Unite, Renew‘ http://www.youtube.com/watch?v=00x1L34wLF8

Die “Flamme der Erinnerung” wird zwischen Januar und April durch die 30 Bezirke des Landes getragen. U.a. auf Twitter und Facebook werden die Veranstaltungen in den verschiedenen Städten dokumentiert:

http://www.kwibuka.rw/events/events-listing/urumuri-rutazima-kwibuka-flame/

Homepage des Kigali Memorial Center http://www.kigaligenocidememorial.org

Les hommes debout / Upright men ist ein sehenswertes Kunstprojekt zur Erinnnerung an die Opfer des Genozids, das auf einer eigenen Homepage auf Englisch und Französisch dokumentiert ist:

http://www.uprightmen.org/

Arte hat weiterhin sein umfangreiches Dossier zum 15. Jahrestag online: http://www.arte.tv/de/2532286.html

In Ruanda ist die offizielle Bezeichnung der Genozid an den Tutsi, womit die Erinnerung an weitere Opfergruppen wie z.B. moderate Hutu ausgeblendet wird. Dagmar Dehner berichtet in einem “Ruanda-Tagebuch” aktuell für den Tagesspiegel mit einem kritischen Blick “vom richtigen und falschen Gedenken”:

http://www.tagesspiegel.de/politik/ruanda-tagebuch-2-vom-richtigen-und-falschen-gedenken/9435046.html

Hinweise zu Filmen über den Völkermord in Ruanda im Film finden sich in einem Beitrag auf “Lernen aus der Geschichte”: http://lernen-aus-der-geschichte.de/

Speziell zum Film „Hotel Ruanda“ bietet Amnesty ein kurze Handreichung mit Unterrichtsideen als PDF zum Download an: http://www2.amnesty.de/

Bereits von 2011 hat Julia Viebach für BpB über Ruanda für die BpB geschrieben:http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/68826/gedenken-an-genozid-in-ruanda-07-04-2010

Dort findet sich auch ein Beitrag von 2010 über das Gedenken an den Genozid in Ruanda: http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/68826/gedenken-an-genozid-in-ruanda-07-04-2010

Für eine tiefere historische Kontextualisierung und Ursachenforschung sollte auch die deutsche und später belgische Kolonialherrschaft bearbeitet werden. Im Hinblick auf den Genozid relevant ist die gegenseitige Wahrnehmung sowie insbesondere die durch die Kolonialmächte erfolgte und festgeschriebene Einteilung der Bevölkerung in Hutu und Tutsi.

Arbeitsblatt zur Ankunft der ersten Deutschen in Ruanda und der gegenseitigen Wahrnehmung

https://geschichtsunterricht.wordpress.com/2009/07/12/deutsche-kolonialherrschaft-in-ruanda/

Kurzer Überblick zur Genese und Entwicklung der Zuschreibungskonstruktion von Hutu und Tutsi von Johannes Scheu: http://www.exc16.de/cms/ruanda.html

Ausführlicher Simone Paulmichl (1998, PDF): http://www.gsi.uni-muenchen.de/forschung/forsch_zentr/forschung_3_welt/arbeitspapier/ap26.pdf

World is witness

FireShot capture #022 - 'World Is Witness' - blogs_ushmm_org_WorldIsWitness

World is witness is an internet based project by the US Holocaust Memorial Museum. google earth is used to map the actual places of genocides around the world. On the interactive map, actualisations by the staff of the project and guest contributors can be seen showing eyewitness reports and photos from the places of crisis. Since the beginning of the project, two years ago, several regions have been focussed such as Congo, Chad, Burundi, Rwanda and Sudan, but also Chechnya.

For history teaching the page can be helpful to show the actual dimensions of genocides and to discuss the possibilities of learning from history as well as preventing genocides nowadays. You will find also good resources for lessons about genocides there.

Zeitleisten im Unterricht: Beispiel Genozid Ruanda

Als gelungenes Beispiel sei hier auf eine französischsprachige Zeitleiste zum Genozid in Ruanda verwiesen. Die Zeitleiste deckt den Zeitraum zwischen 1990 und 2005 ab und führt die wichtigsten Etappen und Gruppen des Konflikts inklusive der unmittelbaren Vorgeschichte und den bisher erfolgten Gerichtsprozessen auf. Die Zeitleiste ist übersichtlich gegliedert und lässt sich gut im Unterricht zur Orientierung einsetzen. Eine deutschsprachige Chronologie des Völkermords findet sich auf den auch ansonsten sehr informativen Seiten von Arte zum Thema, die im April zum 15. Jahrestag einen Themenschwerpunkt angeboten haben.

Mit der Anwendung ligne du temps lassen sich zur Zeit auf Französisch, demnächst auch in einer englischen Version eigene Zeitleisten erstellen. Auf Englisch bietet sich zur Zeit xtimeline als Alternative an. Die Arbeit mit dieser Anwendung hat Alexander König auf lehrer-online kurz dargestellt. Einige didaktische Überlegungen allgemein zum Einsatz von Zeitleisten im Unterricht bieten die auch ansonsten sehr lesenswerten Seiten der Arbeitsgruppe Geschichte des Luxemburgischen Unterrichtsministeriums (histoprim).

Eine deutschsprachige Anwendung zur Erstellung von Zeitleisten habe ich noch nicht entdeckt. Wäre aber für den Unterricht in den meisten Klassen hilfreich. Für entsprechende Hinweise wäre ich dankbar.