Konferenz und Workshop zum Konzept des Inverted Classroom

Gerade eben bin ich über Google+ auf die Ausschreibung einer ersten Tagung zum Inverted Classroom im deutschsprachigen Raum aufmerksam geworden. Über das Unterrichtskonzept hatte ich im Blog ja vor einem Monat bereits kurz berichtet (siehe hier).

Die Konferenz findet am 14. und 15. Februar 2012 an der Philipps-Universität MarburgClassroom“ im deutschsprachigen Raum statt. Die Veranstaltung ist zwei geteilt: Der Dienstag richtet sich an schulische, der Mittwoch an universitäre Lehrkräfte und Wissenschaftler. Weitere Informationen bietet das Blog zur Tagung im Netz.

Gedanken zum Konzept des „flipped classroom“

Engl. to flip sth. – etw. umdrehen. Es geht also um eine Art „umgedrehten Unterricht“. Klingt interessant. Aber was ist das?

Aufmerksam geworden auf das Konzept bin ich durch Beiträge von Christian Spannagel auf  Twitter und dann in einem längeren Beitrag auch in seinem Blog (mit weiterführenden Literaturangaben). Mittlerweile gibt es auch einen einführenden Beitrag im ZUM-Wiki mit weiterführenden Links. Auch auf Google+ gab es eine kurze Diskussion dazu (mein erster Eindruck bestätigt da übrigens andere Urteile, dass im Vergleich mit anderen sozialen Netzwerken und auch den Kommentaren in Blogs auf Google+ mehr und intensiver diskutiert wird).

Von der Einleitung im ZUM-Wiki, die auf Mathematik und Naturwissenschaften abhebt, fühle ich mich als Geschichtslehrer leider gleich etwas ausgegrenzt und diskriminiert, dabei geht es eigentlich um ein Konzept, das alle Fächer betrifft und sicher auch bereits Anwendung findet, ohne entsprechend benannt zu werden.

Im Kern geht es darum, Informationsrezeption aus dem Unterricht in die Vorbereitung zu lagern, um dann im Unterricht Zeit für Aktitiväten zu gewinnen, die die Vorteile der gemeinsamen Anwesenheit  oder der Ausstattung nutzen, wie z.B. Diskussionen, Rollenspiele, Experimente.

Vor- und Nachteile des Ansatzes sind im ZUM-Wiki schön auf gelistet. „Revolutionär“ scheint mir das Konzept vor allem für Schulen/Länder mit fortgeführter Tradition frontaler Belehrung im Unterricht. So dann auch für die Vorlesungen an deutschen Universitäten. Der Informationsinput wird  im „flipped“ oder „inverted classroom“ nach Hause verlagert und die Arbeitsaufträge, die bisher vor allem als Hausaufgaben  vergeben wurden, im Unterricht bearbeitet werden.

Nach Lesen der Beiträge ist mir aufgefallen, dass ich dieses „Konzept“ vor allem in der Oberstufe oft einsetze, um die Unterrichtszeit besser zu nutzen, da das Lesen von Texten zuhause erledigt werden kann, der Meinungsaustausch darüber aber am besten in Präsenz geschieht. Mit Hilfe der digitalen Medien bietet sich weitere Möglichkeiten an: So können vorhandene oder von der Lehrkraft selbst erstellte Audio-Podcasts  oder Filme individuell gehört bzw. angeschaut werden. Besonders die selbst erstellten Materialien werden in dem Ansatz fokussiert, die (Lehrer-) Vorträge im Unterricht ersetzen. Hier können dann auch webbasierte Lernplattformen sehr gut eingesetzt werden.  Dementsprechend gibt es eine gewisse Schnittmenge mit den Konzepten des Blended Learning.

Für den Geschichtsunterricht meine ich mich zu erinnern, einmal gelesen zu haben, dass Untersuchungen (von von Borries?) gezeigt hätten, dass in den Unterrichtsstunden sehr viel Zeit für das gemeinsame (oft laute, fachdidaktisch unreflektierte) Lesen von Texten verwendet wird. (Eigene Beobachtungen bestätigen das.)

Wenn es nicht gezielt, um das Lernen und Einüben von Methoden der Texterschließung und -bearbeitung oder speziell beim lauten Lesen um spezielle Textsorten wie z.B. Reden, von denen keine Tonaufnahmen vorliegen, geht, sollte meines Erachtens öfters der Input in die individuelle Arbeit außerhalb der Unterrichtstunden verlagert werden. Vorausetzung ist sicher die gute methodische Schulung der Lernenden in der eigenständigen Erschließung von Texten und audiovisuellen Medien. Im Unterricht kann dann nach Klärung möglicher Verständnisschwierigkeiten zu Beginn der Stunde (idealerweise durch die Mitschüler) mit den Informationen aus den Texten/Filmen gearbeitet und so die gemeinsame Unterrichtszeit effektiver genutzt werden.