Einführung des Kapitalismus

Beim Besuch des irischen Nationalmuseum in Dublin bin ich in der Abteilung zur Wikingerzeit über eine interessante Aussage gestoplert. Das Nationalmuseum hat zahlreiche Funde aus der Wikingerzeit vor allem aus Dublin, das selbst eine Gründung der Wikinger war. Die Funde stammen im wesentlichen von  den Ufern des Flusses Liffey seit den 1960er Jahren, u.a. beim Neubau des Rathauses, ausgegraben wurden.

Eine der Funde ist eine Waage. Im Einführungsfilm wird erklärt, dass diese Waage die erste in Irland gefundene sei und dass die Wikinger sie mitgebracht hätten. Hiermit  sei die Einführung bzw. der Beginn des „Kapitalismus“ verknüpft gewesen. Zuvor sei natürlich auch gehandelt worden, aber man habe den Wert einer Ware geschätzt nach dem Ermessen, was einem nützlich oder schön erschien. Mit der Einführung der Waage durch die handelnden Wikinger sei dies dann vorbei gewesen: Nun wurde präzise gemessen, was wieviel an (Gegen-) Wert besaß.

Ich muss zugeben, dass ich mich in der Zeit und dem Raum wenig auskenne, fand aber die Idee didaktisch und methodisch interessant. Es wäre denkbar, mit einer nachgebauten Waage oder einer Abbildung (und der entsprechenden Herstellungs- oder Funddatierung) im Unterricht der Sekundarstufe 1 genau diese Überlegungen anstellen zu lassen: Was verändert sich im Handel, wenn ich plötzlich die Möglichkeit habe,  Waren präzise zu wiegen? Welche Möglichkeiten habe ich vorher den Wert einer Ware zu bestimmen?

Diese Überlegungen können übrigens auch durchaus nützlich sein, wenn es (beim chronologischen Durchgang) später zu den Glasperlen als Teil europäischer „Handelsware“ in Übersee kommt.

„In Europa wurden nach 1500 Unmengen an Perlen produziert. Da man sie außerhalb Europas mit hohem Gewinn verkaufen konnte, wurden sie von Forschern, Missionaren und Händlern als Geschenk oder Handelsware in großer Zahl auf ihren Reisen verbreitet. Im Tausch gegen amerikanische Felle oder afrikanisches Elfenbein, Gold oder Sklaven wurden Glasperlen zu einem ungeheuren Geschäft mit Gewinnen von über 1000 Prozent.“ (Quelle: Zitat)

Die Schülerinnen und Schüler könnten dann eher darauf kommen, dass es in anderen Ländern zu anderen Zeiten andere Wertesysteme gabe, dass deswegen die Abnehmer dieser Glasperlen keineswegs dumm und einfältig waren, sondern diese Waren nach einem eigenen, anderen Wertesystem beurteilt haben und dass in der Kolonialisierung auch der Ursprung der weltweiten Verbreitung unserer spezifisch europäischen, ökonomischen Vorstellungen liegt.

Indian Ocean in World History

IndianOceanHistory ist ein großartiges, englischsprachiges Portal zur Geschichte des Indischen Ozeans in globaler Perspektive. Das Portal bietet interaktive Karten von der Antike bis heute, über die zunächst der geographische Raum des indischen Ozeans definiert sind und die in jeder Großepoche mit Mouseover-Buttons Informationen zu verschiedenen Schwerpunkten wie Karten, Reisende, Handelsgüter usw. bieten.

Es gibt zudem für Schüler und Lehrer einleitende Texte (im pdf-Format) sowie weitere Leseempfehlungen. Für den Einsatz im Unterricht werden darüber hinaus Unterrichtsanregungen und Aufgaben angeboten.

Für interessierte Schülergruppen mit entsprechenden Englischkenntnissen (d.h. wohl wenn für bilinguale Schulzweige und Leistungskurse) bietet die Seite eine hevorragende Möglichkeit, die eurozentrische Perspektive zu verlassen und eine andere Weltregion vergleichend in den Unterricht hinzuzunehmen. Da davon auszugehen ist, dass auch die wenigsten Geschichtslehrer  sich in der Geographie und der Geschichte des Raums gut auskennen, eignen sich die optisch schön gestalteten Seiten gut, um sich selbst erstmals mit dem Thema und der Region auseinanderzusetzen und damit seinen eigenen Horizont zu erweiteren.