in europe: „history caught in the act“

Am vergangenen Wochenende habe ich das gemeinsame Projekt des europäischen Geschichtslehrerverbands euroclio und des niederländischen Fernsehsenders VPRO noch in Brüssel auf einem Seminar vorgestellt.

Jetzt ist das Projekt gestartet und die Materialien sind online verfügbar:

https://www.vprobroadcast.com/titles/in-europe-schools.html

An der Erarbeitung der beiden ersten Materialpakete habe ich in dem internationalen Team mitgearbeitet. An den weiteren Materialien werde ich aufgrund beruflicher Veränderungen leider nicht mehr mitarbeiten können.

Ausgehend von der TV-Serie, die erst Ende Dezember im niederländischen Fernsehen startet, haben wir für den Unterricht Kurzfassungen („Starter Clips“ genannt) erstellt, die das Thema in maximal 15 Minuten anreißen und verschiedene Blickwinkel aufzeigen. Davon ausgehend kann dann mit den Materialien weitergearbeitet und das Thema vertieft werden. Die Filme sind immer in Originalsprache, ausgehend von der beispiehaften Geschichte, die erzählt wird (bei „Difficult History“ Bosnien, bei „Migration“ Deutschland und Ghana) und die jeweils Englisch untertitelt sind. Alle Starterclips sowie die komplette Fernsehserie soll im kommenden Jahr dann in 5 Sprachen, darunter u.a. Deutsch, übersetzt und frei zugänglich gemacht werden. Um einen Eindruck von diesen „Starter Clips“ zu bekommen, ist hier das Video zum Thema „Migration“:

Bei aller Befangenheit scheint mir das Projekt in mehrfacher Hinsicht innovativ und mitmachenswert:

– Die Schülerinnen und Schüler erstellen selbst Videos, die sie über YouTube mit anderen Klassen in Europa teilen und diskutieren.

– Lokale und europäische Perspektive(n) sind durchgängig von Beginn bis Ende des Projekts miteinander verknüpft.

– Zum Erstellen der Videos hat VPRO eine Reihe von professionellen und hilfreichen Videoanleitungen erstellt, u.a. zur Recherche, zum Schnitt, zum Führen von Interviews.

– Zur Bewertung der Schülerarbeiten – gegenseitig durch Mitschüler oder durch Lehrer/innen –  haben wir ein bewusst einfach gehaltenes Raster entwickelt (Download als PDF), das den Schülerinnen und Schüler zu Beginn der Videoarbeit bereits ausgeteilt  werden sollte, dies sorgt für Transparenz und ein Bewusstsein für die Qualitätskriterien bei der Videoarbeit

– Das Projekt beruht auf einer Kooperation von zwei Klassen aus unterschiedlichen europäischen Ländern – VPRO und euroclio vermitteln über ein Online-Kontaktformular während der Laufzeit des Projekts allen Interessierten Partnerschulen bzw. Partnerklassen in Europa

– Die Materialien, insbesondere die Videos, aber auch die in den Unterrichtseinheiten skizzierte Heransgehensweise können auch langfristig losgelöst von Kooperationen für Unterricht und Projektarbeit in der eigenen Schule genutzt werden, so sind z.B. die Tutorials zum journalistischen Arbeiten unabhängig vom Projekt „in europe“ interessant und hilfreich für die Medienbildung in Schulen

Zusammenfassend lässt sich sagen: Wer sich auf das Projektarbeit mit „in europe“ einlässt, öffnet seinen Unterricht und schulisches Lernen inhaltlich, medial und räumlich. Wenn wir bei der Erstellung der Materialien nicht alles verkehrt gemacht haben, dann sind diese so strukturiert, dass sie auch vielleicht etwas unsichereren Lehrerinnen und Lehrern helfen, sich auf diese Form von Projektarbeit einzulassen, Kontrolle abzugeben und zugleich Schülerinnen und Schüler mehr Verantwortung und eigene Ausdruckmöglichkeiten zu geben.

Es würde mich freuen, wenn das Projekt und die Materialien eine breite Verwendung fänden. Bis Mitte 2020 läuft zunächst auch noch die Pilotierung. Wir freuen uns über konstruktive Rückmeldungen, um die vorhandenen Unterrichtseinheiten zu verbessern und die drei noch folgenden entsprechend aufzubauen und zu gestalten.

VR 3D Modelle und entdeckendes Lernen

Die minoische Kultur ist zwischen ca. 2700 und 1400 v. Chr. die erste Hochkultur, die geografisch betrachtet in Europa, um genau zu sein auf Kreta, entsteht, und sich u.a. durch eine aufwändige Stadt- und Palastkultur sowie die Entwicklung einer Schrift (zunächst Hieroglyphen, dann darauf aufbauend die Linear A) auszeichnet.

Aus den Lehrplänen und damit auch aus den Schulgeschichtsbüchern ist die Geschichte der Minoer und von Mykene – soweit ich das überblicke – weitgehend verschwunden. Das Altertum wird (fast immer) reduziert auf den Dreiklang von Ägypten, Griechland und Rom – teilweise werden zugunsten der neuesten Geschichte auch hier bereits Teile weggelassen.

Obwohl die „Minoer“ eine Schrift entwickelt haben, ist diese bis heute nicht entziffert. Das heißt, unsere Kenntnisse und Vorstellungen über ihre Geschichte basieren ausschließlich auf den Ausgrabungen und den dort gemachten Funden.

Einige dieser Funde, besonders aus dem Archäologischen Museum in Heraklion, sind als 3D Modell aufbereitet. Diese können genutzt werden, um im Rahmen von ca. einer Doppelstunde mit Schülerinnen und Schülern sich in Form von entdeckendem Lernen sich dieser Hochkultur zu nähern. Voraussetzung ist nicht zwingend, aber sinnvollerweise die vorangehende Beschäftigung mit dem Konzept „Hochkultur“ sowie einem groben  Überblick zur altägyptischen Geschichte.

Ablauf

Zu Beginn steht mit einer Karte des östlichen Mittelmeers, ggf. auch nur der Ägäis, und von Kreta ein kurzer Input zur räumlichen und zeitlichen Einordnung und der fehlenden Entschlüsselung schriftlicher Quellen gegeben.

Aus der gemeinsamen Überblick welche Quellenarten nun zur Verfügung stehen, folgt dann die Aufgabe als „Forscher“ einige der Funde zu untersuchen, um Aussagen über die Kultur der Minoer treffen zu können.

Dazu können z.B. die hier im Beitrag abgebildeten 3D Modelle genutzt werden. Die Klasse teilt sich in mehrere Gruppe auf. Jede Gruppe übernimmt eine Quelle und untersucht diese unter der Leitfrage, welche „Informationen“ aus der Quelle über das Leben und die Kultur (Religion, Wirtschaft, Kunst etc.) der Minoer gewonnen werden können.

Anders als bei Quellenabbildungen in Schulbüchern fehlen bei den 3D Modellen einordnende Texte, so dass die Schülerinnen und Schüler ausschließlich auf die Untersuchung der Modelle angewiesen sind.

Die 3D Modelle bieten gegenüber zweidimensionalen Bildern den Vorteil, dass sie gedreht und gewendet und damit von allen Seiten und als Gegenstände bzw. Körper betrachtet werden können. Die Arbeit mit den Modellen dürfte aufgrund ihrer Anschaulichkeit auch eine hohe (zumindest Anfangs-) Motivation auslösen.

Die Modelle sind alle kostenfrei ansehbar,  können auch im Vollbild (Button unten links im Bild) und über eine VR-Brille (Button unten in der Leiste) betrachtet werden.

Nach der ersten Gruppenphase gehen die Schülerinnen und Schüler in gemischte Expertengruppen und tragen jeweils die Untersuchungsergebnisse ihrer Ausgangsgruppe zu „ihrer“ Quelle vor. Auf dieser Grundlage verfassen die Expertengruppen dann einen kurzen abschließenden Bericht, der z.B. an folgenden Fragen orientiert ist bzw. versucht, diese (begründet am Material) zu beantworten:

  • Wie lebten die Minoer?
  • Wie war ihre Gesellschaft aufgebaut?
  • Handelt es sich um eine „Hochkultur“? (vorausgesetzt: Konzept und Kriterien wurden vorab besprochen)

Eine Gruppe trägt ihren Ergebnisbericht vor, die anderen Gruppen ergänzen und diskutieren ggf. abweichende Ergebnisse.

Die Schülerinnen und Schüler lesen anschließend einen zusammenfassenden Text über die minoische Kultur z.B. aus einem Kinderlexikon oder einem Schulbuch gelesen werden, an dem sie ihre Ergebnisse mit dem „Forschungsstand“ abgleichen.

Abschließend können sie vertiefend darüber hinaus versuchen zu erklären, welche Informationen über die minoische Kultur im Darstellungstext sich anhand der Quellen aufzeigen oder belegen lassen.

P.S. Gegebenfalls kann auch diese Rekonstruktion mit einbezogen werden:

 

 

 

 

Anregungen zur Arbeit mit dem Trickfilm „1989 – Unsere Heimat…“

Normalerweise mache ich den Fernseher aus, wenn eine Geschichts-Doku kommt. Vermutlich bin ich da zu sehr typischer Lehrer, eigentlich ein Besserwisser, der seine schlechte Angewohnheit zum Beruf gemacht hat. Für Bewohlfinden und Blutdruck ist das Nichtschauen in der Regel die beste Lösung.

Das meiste geht gar nicht, ist historisch falsch oder zumindest fehlerhaft und schief dargestellt oder schlicht unglaublich langweilig und eignet sich für den Unterricht allenfalls zur Untersuchung und Dekonstruktion der Erzählung eingesetzten filmischen Mittel…

Als ich dann vor ein paar Monaten von einem Trickfilm zur friedlichen Revolution hörte, war ich entsprechend kritisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass der irgendwie gelungen war. Nachdem ich mir die knapp 13 Minuten dann in der ARD Mediathek (dort noch online verfügbar bis zum 7.11.2015) angeschaut hatte, war alles anders: Ich war begeistert und bin es noch immer, obwohl ich den Film mittlerweile sicher ein Dutzend Mal angeschaut habe. Der Film ist gut gemacht und so detailreich, dass ich bislang jedes Mal noch etwas Neues entdeckt habe…

1989 BannerEs hat sich dann übrigens ergeben, dass der Autor des Films, Schwarwel, letzte Woche im Rahmen eine Workshop-Tour durch alle 16 Bundesländer, die von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert wird, einen tollen Trickfilm-Workshop bei mir an der Schule gehalten hat – dazu in einem späteren Beitrag noch einmal ausführlicher.

Nachdem ich den Film nun schon so oft gesehen und in der Projektwoche mit den Schülerinnen und Schülern auch besprochen habe, habe ich mich mal ein paar Ideen für mögliche Aufgaben zusammengestellt, um mit dem Film „1989 – Unsere Heimat…“ im Geschichtsunterricht zu arbeiten. Gerade weil der Film weniger als eine Viertelstunde dauert und zugleich als Trickfilm Geschichte unterhaltsam, aber trotzdem historisch korrekt mit einer gelungenen Verbindung von weltgeschichtlichen mit nationalen Ereignissen und mit biographischen Elementen erzählt, eignet er sich sehr gut für den Unterricht.

Die Aufgabensammlung ist als Anregung gedacht. Die Aufgaben sind weder in der Reihenfolge noch in vollem Umfang sinnvoll. Sie müssen je nach Alter und Vorkenntnissen ausgewählt, an die Lerngruppe und- situation angepasst, vereinfacht oder ergänzt werden. Möglich ist auch durch unterschiedliche Aufgaben binnendifferenzierte Lernangebote zu machen.

Wer sich dafür interessiert, kann die Ideensammlung hier als ODT oder PDF runterladen.

Ergänzungen, Hinweise, Anregungen und Kritik sind wie immer willkommen. Der Film ist übrigens auch für 5€ als DVD bestellbar. Eine vergleichsweise kleine Anschaffung, die hiermit jeder Fachkonferenz Geschichte empfohlen sei.

Update: Das vollständige Video ist vom Verlag auf dem Videoportal Vimeo eingestellt worden: https://vimeo.com/269450025

Überblick: freie Bildungsmaterialien (#OER) für den Geschichtsunterricht

1df7e1d9Die Diskussion um Open Educational Resources (OER, freie Bildungsmaterialien) ist nun schon etwas älter, also ist es an der Zeit, mal eine Bestandsaufnahme zu machen, was es an freien Materialien für den Geschichtsunterricht gibt.

Dazu gilt es zunächst OER von Open Content, also freien Inhalten, zu unterscheiden. Während unter Open Educational Resources kurz gefasst:

Lehr-, Lern- und Forschungsressourcen in Form jeden Mediums, digital oder anderweitig, die gemeinfrei sind oder unter einer offenen Lizenz veröffentlicht wurden, welche den kostenlosen Zugang sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen erlaubt.“ (aus der Pariser Erklärung vom Juni 2012 UNESCO, Hervorhebungen durch den Autor).

Freie Inhalte sind hingegen „Inhalte, deren kostenlose Nutzung und Weiterverbreitung urheberrechtlich erlaubt ist. Dies kann nach Ablauf von gesetzlichen Schutzfristen zutreffen, so dass ursprünglich geschützte Werke als gemeinfrei gelten. Alternativ werden Inhalte als frei bezeichnet, wenn der Urheber oder Inhaber der vollumfänglichen Nutzungsrechte ein Werk unter eine freie Lizenz gestellt hat.“ (Wikipedia)

Für Geschichte bedeutet das: Quellen und Darstellungen unter entsprechender Lizenz, wie sie z.B. in den Wikimedia Commons zu finden sind, sind also keine OER, wohl aber Open Content. Damit lässt sich auch das Verhältnis der beide zueinander bestimmen: Freie Bildungsmaterialien sind ohne freie Inhalte nicht denkbar. Es braucht Open Content, um Open Educational Resources herzustellen. Ohne die einfache und kostenlose Verfügbarkeit digitalisierter Quellen, besonders n den Wikimedia Commons, wären z.B. weder Segu noch die Videos in meinem YouTube-Kanal möglich. Sie werden auch benötigt um durch Schülerinnen und Schüler selbst Lernangebote z.B. in den LearningApps zu erstellen. Im Bereich Geschichte sind wir in der sehr vorteilhaften Lage, dass, abgesehen von der Zeitgeschichte, ein Großteil der Quellen gemeinfrei und damit frei nutz- und veränderbar sind.

Daran anschließend ergibt sich übrigens die Frage, ob das Erstellen von „Lernmaterialien“ tatsächlich zukunftsweisend für historisches Lernen innerhalb und außerhalb von Schule ist oder angesichts der ubiquitären Verfügbarkeit digitaler und digitalisierter Quellen und Darstellungen (zumindest ab einer gewissen Alterstufe) doch eher das Lernen mit und an diesen direkt (siehe auch den älteren Beitrag hier im Blog: scarcity vs. abundance).

Die OER-Liste für den Geschichtsunterricht umfasst nur deutschsprachige Angebote, ist aber naturgemäß trotzdem vermutlich unvollständig. Dazu gehören laut obiger Kurzdefinition auch die Geschichtsseiten der Wikipedia, die ich aber aufgrund ihrer Besonderheit als Lexikon und des hohen Bekanntheitsgrads absichtlich ausgelassen habe. Weitere fehlende Seiten sind aber in keinem Fall absichtlich weggelassen, sondern nur meiner Vergesslichkeit und mangelhaften Recherche anzulasten. Hinweise auf weitere Angebote bitte per Mail oder noch besser direkt als Kommentar hier ergänzen.

Überblick in alphabetischer Reihenfolge:

[Das] Alte Ägypten im Unterricht https://dasalteaegyptenimunterricht.wordpress.com/ Unterrichtseinheit zum Alten Ägypten für eine 7. Klasse mit Beschreibung des Stundenverlaufs und Unterrichtsmaterialien zum Download.

App in die Geschichte http://app-in-die-geschichte.de/ WebApp auf Deutsch mit verschiedenen Funktionen wie u.a. dem Erstellen von Zeitleisten und rund 80.000 digitalisierten Bildquellen aus verschiedenen Archiven.

LearningApps – Geschichte http://learningapps.org/index.php?category=9&s= Kleine Anwendungen wie z.B. ein Quiz, eine Zuordnungsübung oder ein Kreuzworträtsel, die selbst gestaltet, veröffentlicht und verändert werden können.

Lehrer-Online Geschichte http://www.lehrer-online.de/geschichte.php Vollständige Unterrichtseinheiten mit Arbeitsblättern. Veröffentlicht wurden die Arbeitsblätter schon immer in einem veränderbaren Format,die neueren Einheiten stehen explizit unter CC BY-S-Lizenz.

segu – Lernplattform für Offenen Geschichtsunterricht http://segu-geschichte.de/ Das Leuchturmprojekt im OER-Bereich für Geschichte: Die Plattform bietet für die Sekundarstufe I für alle Epochen vor allem Arbeitsblätter, die jeweils für eine Unterrichtsstunde konzipiert sind, in verschiedenen Modulformen angeboten werden, heruntergeladen und verändert werden können, darüber hinaus aber auch weitere Materialien und Unterrichtsanregungen.

Welterbe-Bildung im Unesco-Welterbe Oberes Mittelrheintal http://bildung.welterbe-mittelrhein.de/index.php?id=5883 Didaktische Anregungen und vollständige Unterrichtseinheiten mit Arbeitsmaterialien zur Geschichte des Oberen Mittelrheintals (z.B. Burg im Mittelalter oder Nationaldenkmäler) für das Lernen vor Ort oder im Klassenzimmer.

Youtube-Kanäle

ZUM-Wiki Geschichte http://wikis.zum.de/zum/Geschichte Eine offene Plattform, die Lehrinhalte, Hinweise zu Unterrichtsmaterilien, Anregungen für Stundenentwürfe sowie didaktische Hinweise und vieles mehr umfasst.

Linksammlung für Geschichts- und SozialkundelehrerInnen

Wer hat nicht schon die Erfahrung gemacht, dass die von einem Einzelkämpfer gepflegte und oft aufgerufene Linksammlung von einem auf den anderen Tag aus dem Netz verschwunden ist? Wer hat nicht schon versucht, im Kreis der Fachkollegen eine gemeinsame Material- oder Linksammlung für den Unterricht auf einer Lernplattfom einzurichten, aber es hat sich niemand beteiligt? Die Massen an angebotenen guten Materialien und Quellensammlungen im Internet ist kaum noch überschaubar.

Aus genau diesen Erfahrungen heraus habe ich vor einigen Monaten bei Diigo eine Gruppe für Geschichts- und SozialkundelehrerInnen eingerichtet (die neuesten Link sind hier auch immer rechts neben den Artikeln sichtbar). Im Sinne des Social Bookmarking erlaubt die Gruppe den Austausch, die Bewertung, Kommentierung und Verschlagwortung von relevanten Links durch Fachkollegen für den Politik- und Geschichtsunterricht. Über die Schlagworte ist auch die Bewältigung einer großen Anzahl von Material- und Quellenverweisen handhabbar. Außerdem hat man so die Links für den Unterricht und die Vorbereitung nicht nur auf dem heimischen Rechner verfügbar, sondern überall dort, wo man Zugang zum Internet hat. Diese Diigo-Gruppen eignen sich übrigens auch hervorragend als gemeinsame Arbeitsplattform für Oberstufenkurse.

Es würde mich freuen, wenn möglichst viele Kollegen sich (möglichst aktiv) beteiligten, so dass wir zu einem regen Austausch und einer großen und hilfreichen Linksammlung für die Unterrichtsvorbereitung kommen. Wer mitmachen möchte, muss ein eigenes Konto auf Diigo einrichten und dann auf den blauen „Join this group“-Button der Gruppe klicken. Wer noch nicht registriert ist, kommt über den Button auch direkt zur Anmeldeseite. Der Gruppenzugang wird dann so schnell wie möglich von mir freigeschaltet.

Unterrichtsmaterialien online

Nicht speziell für den Geschichtsunterricht, aber auch mit viel Material für diesen, hier der Hinweis auf zwei Plattformen:

1) Die neue „Bildungssuchmaschine“ des NRW-Bildungsportals learn.line: Über die erweiterte Suche lässt sich auch der Bereicht Geschichte durchstöbern. Verlinkt wird mit der man „Arbeitsblätter – Videos – Unterrichtsvorbereitungen [und …] Bildungsmaterialien unterschiedlichster Anbieter“.

2) Portal des Verlags 20: Material von Lehrkräften für Lehrkräfte. Der Download ist kostenlos, die Seite werbefinanziert und u.a. kooperierend mit Cornelsen und cotec. Wer selbst Material einstellt, erhält eine Autorenvergütung pro Download“. Das Material für Geschichte, was ich gesehen habe, war nicht besonders toll. Eine Qualitätsichtung durch deine Redaktion erfolgt nicht, sondern das Portal verlässt sich ganz auf die Idee des Web 2.0: Die Community entscheidet selbst, was relevant ist und was nicht. Durch eine Übersicht der Anzahl der Ansichten, der Downloads, Kommentare, Favoriten und ein skaliertes Bewertungssystem können die Nutzer selbst die Qualität der eingestellten Materialien bestimmen, die sich auch nach diesen Kriterien geordnet anzeigen lassen.

Bismarcks Bündnissystem

Neue Flipchart-Vorlage zu den europäischen Bündnissystem vor und nach 1890. Hier nur als PDF, da wordpress das Dateiformat nicht unterstützt; auf prometheanplanet auch als Flipchart-Download in Farbe und mit funktionierendem Link.

Ausgehend von einem Text bei Lemo (oder alternativ aus dem Schulbuch) erarbeiten die Schüler an den Computern die Veränderungen der europäischen Bündnissysteme zur Zeit Bismarcks. Die Grundstruktur ist durch die Flipchart vorgegeben. Die Schüler ergänzen mit dem Text- und Linienwerkzeug die entsprechenden Bündnisse. Eine Gruppe stellt ihre Ergebnisse vorne am Board vor. Das Deutsche Reich ist auf der zweiten Folie rot markiert, um die Orientierung auf den beiden Seiten zu erleichtern. Sie kann zur späteren Fortsetzung des Themas und dem Vergleich für die Veränderungen in der Zeit nach Bismarck dienen.

Kurz einige Hinweise zum Erstellen der Flipchart: Wichtig ist alle angelegten Objekte und Beschriftungen sowie die Karte unbeweglich zumachen. Das geht entweder durch die Funktion „Geperrt“ oder das Legen der entsprechenden Objekte in die Hintergrundebene. Der Aufbau dieser Seite lässt sich im Objektbrowser nachvollziehen.

Die Seite wurde nur einmal erstellt, dann im Seitenbrowser dupliziert. Anschließend wurde der Titel („nach“) sowie die Farbe („rot“) mit dem Fülleimer geändert.

Die Arbeit mit den beiden Flipcharts kann auch gut getrennt durchgeführt werden: Zunächst das Üben von Erstellen solcher Schemata am Bündnissystem Bismarcks und in einer späteren Stunde der Rückgriff auf die erste Flipchart mit der Frage nach den Veränderungen nach 1890. Dabei könnten dann auch die Schüler die erste Flipchart duplizieren und dort die Verbindungslinien entsprechend den veränderten Bündnissen verschieben.

Zeitleisten mit dem interaktiven Whiteboard

Das hier vorgestellte Beispiel ist mit der Promethean-Software ActivInspire erstellt. Es umfasst einen Zeitstrahl von 1848-1890 (pdf) zur deutschen Geschichte. Unter der Zeitleiste befinden sich teilweise den Schüler bekannte, teilweise unbekannte Abbildungen, die die Schüler richtig auf der Zeitleiste einordnen und beschriften sollen. Dies ist kurz mündlich zu begründen. Die Flipchart (Format der ActivInspire-Dateien, das sich leider hier nicht hochladen lässt – die Datei findet sich zum Download hier) wurde zur Wiederholung nach den Ferien für einen Oberstufenkurs konzipiert. Die Bedeutung von Zeitleisten im zunehmend von exemplarischen, gar fragmentarischen Inhalten geprägten Geschichtsunterricht ist in letzter Zeit wiederholt hervorgehoben worden. Neben den Möglichkeiten mit webbasierten Anwendungen oder Office-Produkten Zeitleisten zu erstellen, bieten auch interaktive Whiteboards (IWB) gute Möglichkeiten.

Vorteil der Arbeit der IWB-Software ist die Integration von Medien: Neben Text können auch Bilder, Videos oder Tondokumente in hoher Qualität eingebunden werden. Da die Software mit den Boards in der Regel als Campus-Lizenz zur Verfügung gestellt wird, d.h. auf alle Schul- sowie Privatrechner der Schüler und Lehrer aufgespielt werden darf, kann hier auch individualisiert oder in Kleingruppen gearbeitet werden. Die Ergebnisse werden dann abschließend für alle vorne am Whiteboard gezeigt und gesichert, z.B. per Mail verschickt oder im virtuellen Klassenraum einer Lernplattform hinterlegt.

Mit Hilfe eines Rasters lässt sich ein exakter Maßstab erstellen. Überschrift, Legende und die Leiste selbst können entweder in den Hintergrund gelegt oder in anderer Form unveränderlich gemacht werden, so dass nur die gewünschten Objekte von den Schülern verschoben werden können sowie eine zusätzliche Beschriftung ermöglicht wird.

Das hier vorlegte Beispiel verlangt eine vergleichsweise komplexe Zuordnungs- und Erklärungsleistung. Selbstverständlich können im Unterricht auch vorgefertigte „leere“ Zeitleisten angelegt und mit zunehmendem Unterricht von den Schülern mit Material „gefüllt“ werden. Welche Daten, Personen, Ereignisse, Bilder etc. sind so zentral, dass sie in die Zeitleiste aufgenommen werden sollen? Hier lassen sich gewinnbringende Diskussionen über Fragen der historischen Relevanz (siehe auch Link) anknüpfen. Soll die Zuordnung vereinfacht werden, können z.B. vorab die Medien beschriftet oder die zuzuordnenen Jahreszahlen schon auf der Zeitleiste eingetragen werden.

Ist die Erde rund? Über den Wandel des Weltbildes

Der vorliegende Unterrichtsvorschlag lässt sich in Mittel- und Oberstufe durchführen. Die Schüler beschreiben an drei Karten den Wandel des Weltbildes vom Mittelalter zur Neuzeit.

Zum Einstieg können zunächst die Vorstellungen der Schüler über das mitteralterliche Weltbild gesammelt werden. Als Einstieg und Redeanlass kann allein oder ergänzend auch folgender, schön animierter Kurzfilm „Die Erde ist rund!“ dienen, der übrigens Pilot-Film für eine Reihe von didaktischen Kurzfilmen für die Schule ist.

Anschließend untersuchen die Schüler in Kleingruppen jeweils einer der drei Karten, von denen auch gute Abbildungen im Internet verfügbar sind:

1) Londoner „Psalter-Karte“, um 1250

2) Weltkarte aus der Schedelschen Chronik, 1493 (lateinisch / deutsch)

3) Weltkarte des Martin Waldseemüller, 1507

Die Gruppen lassen sich gut zufällig zusammenpuzzlen, indem man die Kopien der Weltkarten ausdruckt und zerschneidet, so dass die Schüler ihre Partner anhand der passenden Puzzleteile finden müssen und damit auch gleich die zu bearbeitende Karte haben. Die Schüler beschreiben die Karten möglichst genau. Je nach Alter und Leistungsvermögen können  Leitfragen (wie z.B. Was steht im Mittelpunkt? Was ist an den Rändern abgebildet?) hilfreich sein.

Jede Karte wird von mindestens einer Gruppe vorgestellt, die anderen mit der gleichen Karte können gegebenenfalls ergänzende Informationen geben. Abschließend werden die drei Karten miteinander verglichen. Die Schüler erkennen dabei den Wandel vom christlichen/mythologischen Weltbild des Mittelalters zum empirischen der Neuzeit.

Besonders interessant kann dabei die Beobachtung sein, dass 1493 Amerika noch nicht in der Karte von Schedel auftaucht, 1507 in ersten deutlichen Umrissen aber schon. Hieran lässt sich thematisieren, warum das so ist, wie Nachrichten übermittelt wurden und wie ihre  Glaubwürdigkeit aussah, hieran schließt sich dann die Frage danach an, was  Jahreszahlen wie „1492“ aus dem Schulbuch wirklich aussagen können. Eventuell kann auch versucht werden, die Schrift in der deutschen Ausgabe der Schedelschen Chronik zu entziffern.

Einen ebenso kurzen wie informativen Überblick zum Thema bieten auch die entsprechenden Seiten des Historischen Instituts der Universität Stuttgart sowie z.B. Die faszinierende Welt der Kartografie. Wie Karten die Welt verändert haben, hg. v. John O.E. Clark.

 

Zum Thema Kartenarbeit siehe auch den Beitrag in diesem Blog hier.

 

Herrscher, Stadt und Privilegien 2

Zur Vertiefung aber auch losgelöst vom vorangehenden Eintrag lässt sich folgender Text zum Thema der symbolischen Kommunikation und der Bedeutung von und Umgang mit Schrift (Urkunden) zu Beginn der Neuzeit im Unterricht einsetzen: Genter Aufstand 1539-1540

An dem frühen Beispiel der Stadt Gent lässt sich der Übergang vieler Städte von ihrer mittelalterlichen (Teil-)Autonomie zur Integration in das Landesterritorium in der Neuzeit exemplarisch studieren. Vor oder während der Arbeit mit dem Text können die Kenntnisse zur mittelalterlichen, städtischen Ratsverfassung aus vorangehenden Stunden reaktiviert werden.

Die Maßnahmen, wie z.B. der Zitadellenbau, die die alten Freiheiten der Stadt einschränken bzw. aufheben, finden sich in ähnlicher Form auch in anderen Städten: so z.B. in Münster nach der Rückeroberung der Stadt durch den Fürstbischof. An der Stelle der alten Zitadelle zur Kontrolle der Stadt steht heute das Schloss als Hauptgebäude der Universität. In Trier wird der Konflikt um den Status der Stadt am Ende vor dem Reichsgericht entschieden. Auch hier inszeniert der Fürstbischof seine Macht anschließend durch einen sehr wohl überlegten, der seine bestätigte Herrschaft über die Stadt sichtbar macht. Auf diese Weise kann vertiefend z.B. durch eine Recherche und einen Vergleich als Hausaufgabe auch ein regionaler Bezug hergestellt werden.

Zentrale Arbeitsaufträge und Fragen in der Auseinandersetzung mit dem Text zur Genter Geschichte können sein:

  • Arbeite die Ursachen und den Anlass für den Konflikt heraus.
  • Nenne die Maßnahmen der Concessio Carolina und erkläre, was ihr Ziel war.
  • Liste die einzelnen Elemente der öffentlichen Abbitte vom 3. Mai 1540 auf und analysiere ihre Aussage/Bedeutung im Gesamtzusammenhang (z.B. das Niederknieen als Geste der Unterwerfung, aber auch die Kleidung, Gegenstände, Personengruppen etc.).
  • Weise nach, dass es sich hierbei um eine Inszenierung handelt.
  • Überlege, ob Karl im Anschluss an die öffentliche Abbitte der Stadt Gnade gewährt hat.

Es gibt verschiedene, zeitgenössische Darstellungen der Deditio einer Stadt, so auch der Genter von 1540 durch Vermeyen bzw. die Kopie von Pinchart, die zur Veranschaulichung hinzugezogen werden können. Das genannte Gemälde zeigt den Kniefall der Genter und die Verlesung der Concessio Carolina. Für jüngere Schüler, für die der Text sicher gekürzt und in Teilen umformuliert werden muss, könnte es auch interessant sein, ausgehend von dem Text das Bild in den Verlauf des Konflikts einzuordnen.

Für einen kreativeren Zugang wären z.B. folgende Arbeitsaufträge aus unterschiedlicher Perspektive der Konfliktparteien denkbar:

  • Verfasse für die Stadtgemeinschaft einen Brief an Maria, die Vertreterin Karls in dessen Abwesenheit, indem du eure Beschwerden und Forderungen darstellst.
  • Versetze dich in die Rolle des kaiserlichen Gesandten und formuliere aus seiner Sicht eine Rede an die Genter Bürger.

Zur Vertiefung kann folgendes Zitat aus einem Buch zur Geschichte der Stadt Gent an die Wand projiziert werden: „Einer der grotesk volkstümlichen Tiefpunkte dieser Revolution war die Zerschneidung des Calfvel.“ In einer Transferleistung aus der vorangehenden Besprechung der Deditio als inszenierter Abbitte können die Schüler nun auch den Höhepunkt der Revolution als Inszenierung deuten und damit selbstständig eine wichtige Umbewertung der Ereignisse vornehmen, die keineswegs „grotesk“ oder „volkstümlich“ sind, sondern in höchstem Maße koordiniert und aussagekräftig. Das lässt sich an der wohl bedachten, repräsentativen Beteiligung der Räte und Zünfte aufzeigen. Man überlege zudem einmal, was auf ganz natürliche Weise mit den verspeisten Urkundenteilen anschließend passiert.

Weitere Aspekte, die an dem Text beispielhaft behandelt werden können, sind die Bedeutung der geschriebenen Urkunde in einer Zeit weitgehender Illiteralität und der städtischen Forderung nach Übersetzung und Druck der alten Privilegien in der Landessprache. Je nach Vorkenntnissen kann hier ein Bezug zur Entwicklung des Buchdrucks, zu Renaissance, Reformation und/oder den Forderungen der Bauern von 1525 hergestellt werden und damit das Geschehen in einen weiten historischen Kontext eingebettet werden.