Als jemand der Mitte der 1970er Jahre geboren ist, gehöre ich zu der Generation, die den sogenannten „Mauerfall“ als Teenager erlebt hat. Dazu gehörte sicher kein umfassendes Verständnis, wohl aber auch die Wahrnehmung von Unsicherheit und Offenheit der Situation. Für die Schülerinnen und Schüler heute ist 1989 allerdings nurmehr genauso Teil einer fernen Geschichte wie für uns damals in der Schule die Gründung der Bundesrepublik Deutschland oder die Römischen Verträge.
In der Rückschau geht den Nachgeborenen in der Regel das Bewusstsein um die Offenheit einer historischen Situation verloren, weil offensichtlich wirkt, was anschließend folgte. Um diesen Blick aufzubrechen, habe ich eine kleine Unterrichtssequenz zusammengestellt, die Schülerinnen und Schüler selbstständig durcharbeiten können und die durch drei Arbeitsaufträge strukturiert ist. Texte und Links können kopiert, angepasst und ggf. in einer Lernumgebung oder über ein Arbeitsblatt zur Verfügung gestellt werden. Kern der Sequenz sind Ausschnitte aus den beiden Ausgaben der ARD-Tageschau vom 9. und 10. November.
Gerade im Vergleich der Berichterstattung wird deutlich, wie das heute so bedeutsame Ereignis eher vorsichtig und zurückhaltend eingeordnet wurde und erst der nächste Tag eine auch im Ton ganz andere Berichterstattung brachte. Trotzdem bleibt die Öffnung der Mauer zunächst noch ein singuläres Nachrichtenereignis, da nicht klar ist, wie lange die Öffnung andauert und was weiter passieren würde. Von der knapp ein Jahr später folgenden Vereinigung von BRD und DDR konnte noch keine Rede sein. Das scheint mir eine wichtige und zentrale Einsicht für die Lernenden zu diesem Thema. Exemplarisch können Schülerinnen und Schüler daher mithilfe der vorliegenden Unterrichtsstunde eine grundlegendes Verständnis der Einordnung historischer Ereignisse erwerben bzw. vertiefen.
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Unterrichtssequenz „Die Grenze ist offen… und jetzt?“
Kurz vor 19 Uhr stellte der Journalist Riccardo Ehrman von der italienischen Nachrichtenagentur Ansa die Frage zur Regelung des neuen DDR-Reisegesetzes. Darauf antwortete das SED-Politbüromitglied Günter Schabowski:
Doku der Deutschen Welle https://www.youtube.com/watch?v=sNF_NwSySaU
(Alternativ Ausschnitt Pressekonferenz https://www.youtube.com/watch?v=kZiAxgYY75Y)
Aufgabe 1: Fasse mit eigenen Worte zusammen, wie es am 9.11.1989 zur Öffnung der Berliner Mauer kam.
Die Tagesschau waren die zentralen Nachrichten der ARD und wurden immer um 20 Uhr ausgestrahlt. Sie wurden (illegal) auch von vielen Bürgern in der DDR angesehen und genossen eine höhere Glaubwürdigkeit als die Medien in der DDR.
Ausschnitt Tagesschau vom 9.11.1989 um 20 Uhr
https://www.youtube.com/watch?v=llE7tCeNbro
Aufgabe 2: Notiere, wie über die Nachricht der Grenzöffnung berichtet wird. Beurteile, welche Bedeutung der Nachricht zugemessen wird.
Ausschnitt der Tagesschau vom 10. November 1989
https://www.youtube.com/watch?v=EQpeNuZK-Mc
Aufgabe 3: Vergleiche die Ausgabe der Tagesschau vom 10. November mit der vom Tag zuvor: Was ist seit der Pressekonferenz passiert? Zeige auf, wie sich die Präsentation der Nachricht von der Öffnung der Mauer verändert hat.
Super, Danke, Daniel. Das werde ich nach den Osterferien direkt einsetzen! 👍🏻
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