Classroom Game Design: „Kids are coming to school to be social“

Der Hinweis auf das Video stammt von Christian Kleinhanß auf Google+. Das Video ist schon fast ein Jahr alt. DIe Grundidee finde ich inspirierend und frage mich, ob jemand damit schon Erfahrungen für den Geschichtsunterricht gemacht hat? Es geht nicht darum, Computerspiele in den Unterricht zu integrieren, sondern Spiel- und Motivationselemente für die Strukturierung des Unterrichts zu übernehmen, z.B. das Prinzip von Leveln, die man „erklimmen“ kann, wenn man gewisse Aufgaben erfolgreich erledigt hat. Vielleicht fehlt dem Geschichtsunterricht dafür aber auch bislang noch die notwendige Progression, um dies umzusetzen zu können?

Paul Andersen macht ein wichtiges Statement: „Kids are coming to school to be social.“ Er spricht sich dagegen aus, Unterricht einfach mit Videos besser zu machen oder Lernen mit Technik zu automatisieren. Eigentlich kann man das gar nicht genug betonen, denn oft sind es solche Vorstellungen, die einer kurzatmigen Rezeption des Flipped Classroom oder der Arbeit mit Lernplattformen zugrundliegen. Vielmehr  ist eine Veränderung von Schule und Lernen unter den Bedingungen der Digitalität gefragt. Ein Punkt, der mir erst auf der #gld13-Tagung erst so richtig klar geworden ist. Das muss nicht immer die Nutzung von Computern, Smartphones oder Tablets umfassen.

Paul Andersen beschreibt das Ziel als Wandel vom passiven lehrerzentrierten zu einem aktiv schülerzentrierten Unterricht. Zentral für diesen Wandel in seinem Unterricht war für ihn das Feedback der Schüler: „Everything I do in my class is a result of feedback I got from my student.“

Das ist im Kern eine Botschaft, die nicht nur in diesem Blog schon in vielen Beiträgen, wenn auch sicher weniger prägnant formuliert, zu lesen war. Deshalb gefällt mir das Video vermutlich auch so gut, weil ich zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt bin und nur dazu ermutigen kann, das Feedback der Schülerinnen und Schüler einzuholen und Lernprozesse gemeinsam zu gestalten.

Trotz allem scheint das in der Schule (in Deutschland) weiterhin die Ausnahme zu sein. Warum nur?

3 Gedanken zu „Classroom Game Design: „Kids are coming to school to be social“

  1. Das ist ein toller Vortrag! Vielen Dank für den Hinweis.
    „What’s in the bottle?“ – eine Menge! Toll finde ich, dass er das gamification nicht aufs Computerspielen reduziert, sondern die Botschaft genauso versteht, wie Du, wenn Du sagst: „unter digitalen Bedingungen“.
    Was den Geschichtsunterricht angeht, würde „leveling“ heißen, dass man vom Grundlagen-Niveau (ich weiß, es hat mit Veränderung in der Zeit zu tun, habe aber keine Kategorien für ein differenziertes Verständnis) über das Intermediale Niveau (ich kenne die konventionellen Kategorien und wende sie an) zum Advanced Niveau (Ich kann die konventionalen Kategorien historisieren und mich an der Reformulierung dieser Kategorien und Begriffe beteiligen!) aufsteigt. Und das nicht abstrakt, sondern jeweils an jedem Gegenstand neu (natürlich geht es immer schneller.)
    Das jedenfalls ist die Graduierung im Kompetenzstrukturmodell der Geschichtsdidaktik der FUER-Gruppe. Ich halte sie für das brauchbarste, was es zur Zeit gibt. Du kennst es sicher, Daniel, aber für andere hier die Literaturangabe:
    Kompetenzen historischen Denkens. Ein Strukturmodell als Beitrag zur Kompetenzorientierung in der Geschichtsdidaktik, hrsg. v. Andreas Körber, Waltraud Schreiber, Alexander Schöner, Neuried 2007
    Meistens bietet der GU ja nur das intermediale Level. (Die Konventionen verstehen.) Und ich kenne genügend Geschichtslehrer, die sich selbst oft auf diesem Level aufhalten. Das „Leveln“ ist leicht, wenn es um einfache Skills geht. Aber in Falle des Historischen Denkens geht es um Verstehen und höheres Denken. Da hat man andere Lernprozesse zu durchlaufen als beim Hochspielen eines Avatars, nämlich solche, deren Wege nicht nur verschlungen sind und durch nicht vorhersehbare Sackgassen führen (das ist der Preis der Kontingenz) – sondern auch die Dauer von Erkenntnisprozessen dieser Art sind nicht planbar – bei manchen dauert eine Erkenntnis im Bereich des Historischen Denkens ein Leben lang. (Ich habe für viele Holocaust-Verstehens-Ergebnisse Jahrzehnte gebraucht.)

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    • Danke für deinen Kommentar. An das FUER-Modell mit seinem Graduierungsvorschlag hatte ich auch gedacht. Das wäre eine Möglichkeit, quasi mit einem Raster und über eine Punktezuordnung der einzelnen gestuften Skills steigt man dann in den Leveln auf. Das wäre dann quasi etwas für die gesamte Schulzeit und darüber hinaus. Und da noch nicht völlig ausgereift in der Diagnose und Umsetzung (noch) zu komplex.
      Mich hat die Idee des Spiellevel-Systems sofort an das Modell des Mastery Learning erinnert, das zusammen mit dem „Flipped classroom“ intensiv diskutiert wird. Das ließe sich recht einfach umgestalten. Die Frage ist nur, wenn nicht die Kompetenzen, woran ließe sich das im Geschichtsunterricht festmachen. Anders als z.B. in Mathe habe ich ja nicht unterschiedliche schwierige Aufgabentypen, die es einfach durchzurechnen gilt und wo ich bei richtiger Lösung entsprechend eine „Belohnung“ verteilen kann.
      Interessant wäre es auch, solange der Unterricht noch so organisiert ist, die einzelnen Lernfelder (Antike, Mittelalter etc.) in „Spiellevel“ gliedern. In Kombination mit „selbst gesteuertem“ Lernen, wie z.B. bei Segu, ließen sich für die Module jeweils Punkte vergeben: für die Basis-Module 10, für Forscher Module 20 usw. Je nach erreichter Punktzahl steigt man dann in den Level auf, bis zum „Held der Antike“ 😉
      Im Ernst: In dieser Form der Umsetzung wären wir bei relativ geschlossenen Lernszenarien, in denen die „Spiellevel“ nur ein methodischer „Trick“ sein sollen, um für eventuell wenig oder kaum geliebte Inhalte und Arbeitsformen zu motivieren.

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      • Ich glaube nicht, dass das advanced level in Historischem Denken (also das Dekonstruieren der herrschenden Begriffe und Bedeutungen), was ja „kritisches“ Denken ist, nicht mit Leveling im gamification-Sinne läuft. Wer kritisch denkt, tut dies, weil er einen persönlichen Sinn damit verknüpft, das Übliche, das Gerngehörte und Gerngesehene, und das, wofür es Applaus gibt, infrage zu stellen. Der motivationale „Druck“, der dahinter steht, ist die eigene Erfahrung, Lebenserfahrung, zu der die herrschenden Auffassungen nicht passen. Ein neues „Level“ erreichen zu wollen, das ist im gamification-Sinne eher Pawlowsch motiviert: Wenn ich weiter oben auf der Skala bin, dann bin ich „reicher“, hab mehr Ansehen und mehr Rechte usw, also irgendeinen Statusbenefit innerhalb einer sozietalen Einheit. Das genau juckt critical thinking gerade nicht, denn häufig wird es ja gerade nicht von außen belohnt, sondern bestraft. Die „Belohnung“ ist innen: Mehr Indentität, mehr Übereinstimmung mit sich selbst (Frieden im inneren System!)
        ich glaub auch nicht, dass es für gutes Geschichtslernen nötig ist, diese Schlüsselkompetenzen bzw. drei großen Graduierungen „runterzubrechen“ bis ins Kleinste, denn die Hauptsache besteht hier in der Einheit des Gesamten, nicht in den Einzelbestandteilen. Wer weiß denn schon, was im Kopf passiert, damit der dritte Grad erreicht ist? Das weiß nur das Leben – und ich kann nur an den Äußerungen des Menschen sehen, ob er auf diesem Level ist oder nicht. Wie er dahin gekommen ist? – Mit viel Denken, Lesen, Schreiben, – Kommunizieren eben. Zeit. Fakten sammeln nur und ausschließlich unter dem Aspekt einer echten Frage, die umtreibt. Deswegen ist m.E. der DIALOG im GU die Hauptsache.

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