Geschichtslehrerverbände und Social Media – eine Beobachtung

Sowohl die Irish History Teachers Association als auch der Verband der Geschichtslehrer Deutschlands sind auf Facebook. Beide haben auf Ihren Internetseiten einen Facebook-Button angebracht. Nun, welche Firma, welcher Verband macht das zur Zeit nicht? Interessant scheint mir jedoch die unterschiedliche Nutzung und Akzeptanz.

Der irische Geschichtslehrerverband hat eine geschlossene (d.h. moderierte) Gruppe auf Facebook, die nur einsehen kann, wer selbst ein Facebook-Account hat und sich bei der Gruppe registriert. Aktuell hat die Gruppe 145 Mitglieder. Es werden von vielen Mitgliedern Videos, Links, Dokumente und Hinweise auf Veranstaltungen geteilt, Themen rund um den Geschichtsunterricht diskutiert.

Und der deutsche Verband? Der hat ein Format für Produkte oder Organisationen zur Selbstdarstellung gewählt. Auf der öffentlich einsehbaren Facebook-Seite finden sich dieselben Hinweise, die sich auf der Homepage des Verbandes auch unter Aktuelles finden. Die Facebook-Seiten besitzen also keinen Mehrwert, sondern dienen als weiterer unidirektionaler Distributionskanal für die eigenen Pressemitteilungen. Der darüber hinausgehende Sinn und die Möglichkeiten von „Social Media“ wird nicht erfasst.

Im Gegensatz zur Internetseite des Verbands bestünde bei ihrem Facebookauftritt die Möglichkeit bestünde, die Mitteilungen zu kommentieren oder öffentlich sein Gefallen mit dem Like-it-Button zum Ausdruck zu bringen. Das macht nur niemand. Vereinzelte Versuche in eine Diskussion zu kommen, wurden schlicht ignoriert. Das finde ich schade (auch weil ich selten so ignoriert wurde ;)). Im Ernst, ich denke, dass soziale Netzwerke für Verbände eine Menge Möglichkeiten bieten. Ob es unbedingt Facebook sein muss, darüber kann man sich streiten, aber meines Erachtens machen die Iren vor, wie sich Social Media sinnvoll für einen Verband einsetzen lassen.

In der Regel beschränkt sich Verbandsmitgliedschaft für die meisten Mitglieder auf das Lesen der Verbandszeitschrift sowie vielleicht die Teilnahme an der Jahreshauptversammlung. Eine Präsenz in einem sozialen Netzwerk erlaubt es, Mitglieder und Interessierte, nicht nur über die Verbandsarbeit zu informieren, sondern sich mit ihnen auszutauschen und dadurch eine höhere Bindung der Mitglieder zu erreichen, eventuell sogar neue Mitglieder für den Verband zu gewinnen. Das wäre für mich, ganz allgemein, aus Sicht eines Verbandes Sinn und Zweck meiner Präsenz in einem sozialen Netzwerk.

Solche Angebote müssen gepflegt und betreut werden. Da sollte man sich im Vorhinein darüber klar sein, ob man das leisten kann und will. Eine nicht regelmäßig betreute Seite, das Ausbleiben jeglicher Reaktion auf die interaktiven Kommentar- und Diskussionsfunktionen ist enttäuschend und kann den PR-Auftritt in einem sozialen Netzwerk schnell in sein Gegenteil verkehren. Wirkt der Facebook-Button auf der Homepage des Geschichtslehrerverbandes noch irgendwie schick und modern, so könnte der ein oder andere geneigt sein angesichts des tatsächlichen Auftritts auf Facebook seine mehr oder weniger bewusst gepflegten Vorurteile zum Verhältnis von „neuen“ Medien und Geschichtslehrern bestätigt zu sehen.

Nur präsent sein, reicht bei Social (!) Media nicht aus. Um Pressemitteilungen hier zusätzlich zu veröffentlichen, allein dafür lohnt der Aufwand nicht. Die bekomme ich als Mitglied und Interessierter auch an anderer Stelle und es ist ein irriger (aber weitverbreiteter) Glaube, man müsse nur in die sozialen Netzwerke gehen, dahin wo die Leute/Jugendlichen/hier: Geschichtslehrer sind, um (stärker) wahrgenommen zu werden. Auch auf Facebook wird nur gefunden, wer gesucht wird. Warum sollte ich den VGD bei Facebook suchen?

Ach ja, die Facebook-Seite des VGD gibt es seit Mitte März und sie gefällt aktuell genau 21 Leuten…

Das sind genauso viele, wie dem Verband auf Twitter folgen, wo man noch einmal dieselben Links zu denselben Nachrichten erhält.

Ein Gedanke zu „Geschichtslehrerverbände und Social Media – eine Beobachtung

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