Überlegungen zu Computerspielen im Geschichtsunterricht

Geschichtskulturell sind historische Inhalte in Computer- oder Online-Spielen äußerst interessant, wobei bei vielen die historischen Zusammenhänge nur Aufhänger bzw. Verpackung sind. Oft geht es im Wesentlichen um Schlachten, Kampf- oder Kriegshandlungen.

Für eine Studie wurden aktuell insgesamt 1763 Computerspiele mit historischem Inhalt gezählt, mit einem Zuwachs von rund 100 Spielen pro Jahr. Davon machen Strategiespiele mit 44% die größte Zahl aus. Was die Epochen angeht, ist die Antike mit 10% Anteil vertreten. (Literatur dazu siehe unten)

Natürlich bestünde die Möglichkeit, die Darstellungen in den Spielen auf historische Richtigkeit zu untersuchen bzw. historische „Fehler“ in der Darstellung aufzudecken. Das kann in spielerischer Weise sicher Spaß machen, fördert aber kaum historisches Denken. Selbstverständlich  lässt sich durch (gut angelegte) Computerspiele auch etwas über Geschichte lernen. Pauschale Verurteilungen und generelle Ablehnung sind unangebracht, allerdings ist in jedem Einzelfall das Verhältnis von Motivationsförderung, Darstellung von Geschichte sowie Aufwand an Zeit und Technik zu prüfen. Außerdem empfiehlt sich ein Blick auf die Altersfreigabe, die aufgrund des hohen Gewaltpotentials in vielen „historisch“ angehauchten Spielen durchaus ein Problem für die Verwendung in schulischem Zusammenhang sein kann.

Gleichfalls ein Hemmnis können die Kosten sein:  Meines Wissens gibt es für Computerspiele keine der Lernsoftware vergleichbare Unterrichtslizenzen, so dass entweder die Spiele nur auf einzelnen Rechnern zur Verfügung gestellt werden können oder hohe Kosten für die Anschaffung eines Klassensatzes anfallen.

Was „die“ Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler angeht, so ist hier gegenüber immer wieder geäußerter Euphorie auch Vorsicht und vielleicht sogar Zurückhaltung geboten. Die Lebenswelten Jugendlicher sind sehr unterschiedlich. Das Angebot an Spielen ist sehr groß und zunehmend unübersichtlich, so dass immer nur einige, nie alle Schülerinnen und Schüler ein Spiel kennen werden; und in den wenigsten Fällen werden dies Spiele mit historischem Hintergrund sein. Daher wäre ausführliches Spielen im Unterricht notwendig.

Interessant für den Unterricht erscheinen am ehesten sogenannte Strategiespiele, von denen z.B. Civilization und Ages of Empire sehr bekannt sind. Diese Spiele simulieren historische Prozesse, benötigen jedoch viel Zeit, zunächst um sich einzufinden, mit Regeln und Bedienung vertraut zu machen und dann um das Spiel durchzuspielen. Es ist mehr als fraglich, ob dieser Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu den knapp bemessenen Stundenzahlen des Geschichtsunterrichts steht.

Im Rahmen von schulischen Projekttagen und für die universitäre Forschung können geschichtskulturelle Untersuchungen solcher Spiele und ihrer Wirkung allerdings ein spannendes Unterfangen sein. Die Entwicklung von speziellen historischen Simulationen für das Lernen in der Schule, analog zu ähnlichen Programmen im Bereich von Wirtschaft- und Politikunterricht, steckt meines Wissens noch in den Kinderschuhen.


Zuletzt zum Thema, aber leider noch nicht gelesen:

Schwarz, A. (Hg.): Wollten Sie auch immer schon einmal pestverseuchte Kühe auf Ihre Gegner werfen?: Eine fachwissenschaftliche Annährung an Geschichte im Computerspiel, Münster 2010.

[Zum Resümee und Kommentaren siehe auch den Beitrag auf Archivalia.]

sowie die beiden aktuellen Veröffentlichungen der Landesanstalt für Medien NRW:

  • Computerspiele und virtuelle Welten als Reflexionsgegenstand von Unterricht
  • Best-Practice-Kompass – Computerspiele im Unterricht – Lehrerhandbuch