web 2.0 vs Lernplattformen?

In den letzten Tagen ist an verschiedenen Orten das Verhältnis von offenem web 2.0 und geschlossenen Lernplattformen diskutiert worden. Michael Kerres bezeichnet Lernmanagementsysteme (LMS) als isolierte „Insel“ im Ozean des Internets, die oft ein „Datengrab […] ohne Leben“ blieben.  Das kann ich aus persönlicher Erfahrung  aus der Arbeit mit Lernplattformen in der Schule bestätigen. Peter Baumgartner hingegen betont die „Aktivitäten der Lernenden“ und stellt ihre persönliche Vernetzung (entgegen der rein inhaltlichen durch Links) heraus. Baumgartner sieht einen wesentlichen Unterschied zwischen öffentlicher und privater Sphäre und macht darauf aufmerksam, dass es für das Lernen allgemein „geschützte Räume“ brauche.

In der Tat ist es zu abzuwägen, inwieweit der Einsatz von LMS Möglichkeiten und Entwicklungspotentiale des web 2.0 einschränken. Für die Schule scheint es mir jedoch wichtig, auch auf die pädagogischen und rechtlichen Aspekte  (in der Arbeit mit i.d.R. Minderjährigen) sowie auf den Rahmen hinzuweisen, in dem schulisches Lernen stattfindet.  Eltern aber auch die Kollegen an den Schulen sehen aufgeschreckt durch Medienberichte zur Zeit oft stärker die Gefahren des Netzes als die Chancen, die mit dem Lernen mit und im Internet verbunden sind. Daher ist das Angebot von sicheren und werbefreien Lernräumen für Schulen ganz wichtig.

Idealerweise bieten LMS die Möglichkeit der kontrollierten netzweiten Veröffentlichung bestimmter Bereiche oder (urheber-)rechtlich unbedenklicher Arbeitsergebnisse, wie dies z.B. bei der europäischen Lernplattform eTwinning gegeben ist.  Die Veröffentlichung bietet zudem die Chance am konkreten Beispiel, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung von Bildern und Texten zu thematisieren. Ein grundlegender, aber recht neuer Lernbereich für die Schule, der bislang noch keinen festen Platz gefunden hat.

Die Arbeit für eine größere Öffentlichkeit als die eigene Klasse oder den eigenen Kurs (oder im schlimmsten Fall und für Schüler unverständlich für den Lehrer) ist enorm motivierend. Das gilt für die Erarbeitung von Ausstellungen innerhalb der Schule genauso wie für die Präsentation von Ergebnisse im Internet. Gesteigert kann diese Motivation zusätzlich, wenn tatsächlich auch Rückmeldungen zur eigenen Arbeit kommen und man sieht, dass die Veröffentlichungen wahrgenommen werden. Jeder Blogschreiber kennt das 😉

Insofern würde ich aus schulischer Sicht keine Gegenüberstellung von LMS und web 2.0 sehen, sondern neben dem Hinweis auf rechtliche Aspekte die sich ergänzenden Funktionen für den Einsatz im Unterricht betonen.

Ein Gedanke zu „web 2.0 vs Lernplattformen?

  1. Danke für Beitrag, Daniel. Diese Debatte wird seit einiger Zeit geführt, und sie wird sicherlich auch weiter gehen.

    Ich kann Dir vollauf zustimmen aus meiner Erfahrung in der Lehrerfortbildung. Oft, so scheint es mir, herrscht in Institutionen das Missverständnis vor, (mitunter zu hohen Kosten) angeschaffte Lernplattformen dann ausschließlich zu nutzen und „Web 2.0“ Tools zu vernachlässigen.

    Daher schließe ich mir Dir an und sehe auch die integrative Nutzung von LMS und Web 2.0 Diensten als sinnvoll an – je nach Abwägung von Stärken/Schwächen der jeweiligen Anwendung. Dem wohnt, wie Du richtig schreibst, ein eigenes Lernziel inne – die Stärkung von Medienkompetenz.

    Aber auch außerhalb des Systems Schule scheint mir diese Debatte teilweise am Kern von LMS und Web 2.0 vorbeizugehen – Lernplattformen sind wie große Tanker, deren Weiterentwicklung schwerfällig ist. Um im Bild zu bleiben: Web 2.0 Tools sind wie Schnellbote, die wesentlich wendiger sind und schneller auf Trends und Bedürfnisse reagieren können.

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