Lernen aus der Geschichte?

Gestern kursierte im Internet über die Nachrichtenagenturen eine Kurzmeldung. Eine Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag des Magazin der „Stern“ hat ergeben, dass jeder fünfte junge Erwachsene den Begriff „Auschwitz“ nicht kennt. Im Gegensatz zu den über 30jährigen, wo über 95% zumindest den Namen  kennen und mit dem Konzentrations- und Vernichtslager in Verbindung bringen. Zugleich erschreckend, dass circa 70% nicht wussten, dass Auschwitz in Polen liegt.

Nun gibt es solcher Umfragen viele und sie werden regelmäßig wiederholt, gerne auch im Auftrag von Zeitungen und Zeitschriften, die natürlich hoffen, damit eine Schlagzeile machen zu können. Gerne dann auch zeitnah an öffentlichen Gedenktagen, wie jetzt zum morgigen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.

Viele dieser Umfragen kann man getrost beiseite tun. Es geht oft um Detailwissen und die produzierte Erregung mit Forderungen an Schule und Geschichtsunterricht reproduziert in der Regel nur ein völlig veraltetes Bild von Geschichte als Lern- und Paukfach.

Hier liegt die Sache meines Erachtens anders. Auschwitz ist zentral für die deutsche, ja für die europäische und Weltgeschichte. Hier kann nicht argumentiert werden, dass man genauso gut, etwas anderes wissen oder lernen könne und es letztlich um Kompetenzen gehe. Wenn gerade die junge Generation trotz Schule,  Büchern, Geschichts-TV, Internetportalen und zahlreichen Dokumentar- und Spielfilmen „nichts mit Auschwitz anfangen“ kann, ist das ein Problem.

Aus dem, was ich täglich sehe und erlebe, scheinen mir die Ergebnisse der Umfrage völlig unwahrscheinlich und  nicht nachvollziehbar.  Aber wenn die Zahlen korrekt und repräsentativ sein sollten, ist es in diesem Fall  nötig  sich ernsthaft die Frage zu stellen, ob hier etwas falsch läuft in Schule und Unterricht? Und was diese Entwicklung für unserer Gesellschaft bedeuten könnten?

4 Gedanken zu „Lernen aus der Geschichte?

  1. Laut dem Artikel wurde die Umfrage an 500 Personen zwischen 18-29/30 durchgeführt. Das ist in einem Land wie Deutschland bei weitem nicht repräsentativ. Für Österreich sind Umfragen ab 10.000 Befragten seriös. Für Deutschland wäre es dann also ab einem 10-fachen Wert. 95 % zu 20% erscheint mir auch mehr als fragwürdig. Es ist auch immer interessant welche 500 Personen (sozialer Hintergrund, Schulbildung, Wohnort…) befragt wurden. Das alles geht aus dem Artikel nicht heraus.

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  2. Danke für den Kommentar. Ich habe gerade am Kiosk auch mal einen Blick in den aktuellen Stern geworfen. Ich fand der Kauf lohnt (allein wegen der Umfrage) nicht. Der ist auch nur eine halbe Seite gewidmet und es steht kaum mehr als in der gestrigen Pressemeldung. Die wissen wohl selbst um die Dürftigkeit der Ergebnisse ihrer Umfrage, sonst hätten sie das bei den desaströsen Resultaten sicher anders aufgemacht.

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  3. Normalerweise arbeiten Umfragen mit einem Sample von ca. 1000 Personen. Je mehr dabei sind, desto genauer werden die Ergebnisse. Siehe etwa hier:
    http://www.sdi-research.at/aktuell/wissen/repraesentativitaet.html

    Demnach gibt es bei 500 befragten Personen und einem 80/20-Prozentergebnis eine Schwankungsbreite von 3,6% – ein größeres Sample könnte die Genauigkeit sicherlich erhöhen, aber im Kern ist das Ergebnis bei aller berechtigten Kritik an Meinungsforschungsinstituten und ihren Methoden (besonders kritisch: Nur Anrufe auf Festnetztelefone, die etwa ich nicht habe) trotzdem, dass zu viele keine Ahnung vom Holocaust haben. Ob das jetzt 21%, 25% oder 15% sind, ist dann auch egal.

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  4. @Michael: Da hast du grundsätzlich Recht. Umso erstaunlicher die schmale Resonanz auf die Umfrage, oder?

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